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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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224 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe register und Alkoholkonsum noch verstärkte.292 Mit diesen Vorwürfen konfron- tiert, räumte Huber die „nicht intensiv[e]“ Bewirtschaftung ihrer Gründe zwar ein ; den Vorwurf der „Wirtschaftsunfähigkeit“ suchte sie jedoch mit Verweis auf den Arbeitskräftemangel  – außer ihr und dem 90-jährigen Schwiegervater arbeiteten keine Personen auf dem Hof  –, ihren schlechten Gesundheitszustand  – ein Fuß- leiden erschwere die Arbeit  –, die verweigerte Mithilfe der Ortsbewohner/-innen und ihre mangelnde Erfahrung im Umgang mit den Ackergeräten zu entkräften.293 Hubers Kampf um ihre „Bauernfähigkeit“ und die Eintragung ihres Hofes in die Erbhöferolle lässt zwei Strategien erkennen : die Unabkömmlichkeits-Stellung ih- res eingerückten Sohnes und den gesetzlichen Schutz des überschuldeten Hofes vor der drohenden Zwangsversteigerung. Nach Einvernahme ortsansässiger Hofbesit- zer, die den „verludert[en]“ Zustand der Äcker seit mehreren Jahren bekräftigten, ergab eine Hofbesichtigung weitere Mängel : das Gebäude sei baufällig, das Vieh unterernährt, der Gerätebestand lückenhaft.294 Vor diesem Hintergrund sprach das AEG Huber die „Bauernfähigkeit“ zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des REG und ihrem Hof den Erbhofstatus ab. Über Unfähigkeit und Unwilligkeit hinaus unterstellten die Richter der Hofeigentümerin, sie wolle durch eine mangelhafte Wirtschaftsweise und die Weigerung, in- oder ausländische Arbeitskräfte einzu- stellen, in „spekulativer Absicht“ die uk-Stellung ihres Sohnes erwirken.295 Huber folgte in ihrer Beschwerde an das Erbhofgericht Wien weitgehend der bisheri- gen Verteidigungsstrategie, dem Verweis auf Arbeitskräftemangel und Krankheit. Hinzu kam nun noch der Vorwurf, die zur Betreuung ihrer Felder verpflichteten uk-Gestellten seien „nur im äußersten Notfall“ erschienen. Unter der Abhängig- keit von den „Gnaden der uk-Gestellten“ habe die Wirtschaft gelitten ; deshalb seien erhebliche Mengen an Feldfrüchten verdorben.296 Das Erbhofgericht Wien folgte in seinem Urteil dem Vorschlag des Kattauer Bürgermeisters und Ortsbau- ernführers, das Verfahren bis Kriegsende auszusetzen, weil der Reichsnährstand eine Zwischenlösung durchgesetzt hatte : Die Gründe der Erbhofeigentümerin waren an ortsansässige Bauern verpachtet worden ; mit dem Pachtzins und dem Verkaufserlös der Pferde sollte die Erbhofeigentümerin die Schulden tilgen.297 Die beiden Verfahren des dritten Falles finden sich im linken oberen und unte- ren Bereich des Raumes der „Bauernfähigkeit“. Rosa Müller hatte vor Einführung des REG einen 23 Hektar großen Hof in Ollern im AGB Tulln von ihren Eltern übernommen. 1944 beantragte der Reichsnährstand die „Abmeierung“ der Erbho- feigentümerin zugunsten des Ehegatten Johann Müller. Der Landesbauernführer begründete seinen Antrag mit dem „katastrophale[n] Zustand“, in den die Erb- hofeigentümerin den Betrieb nach der Einrückung ihres Mannes zur Wehrmacht manövriert hatte. Eine Besichtigung durch die Kreisbauernschaft Tulln hatte ein „trostloses Bild“ ergeben : der Weingarten ein „Unkrautfeld“, die Äcker durchwegs
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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