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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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292 „Menschenökonomie“ unter Zwang Zahlen ausländischer Arbeitskräfte im September 1941.134 Die beiden wichtigsten Raumdimensionen erklären beachtliche 88 Prozent der Gesamtstreuung (Abbil- dung 4.10). Die erste Dimension, die allein 70 Prozent der Streuung abdeckt, kor- reliert positiv mit den Flächenanteilen von Zwerg- und kleinbäuerlichen Betrie- ben, dem Acker- und Weingartenanteil, der Verwendung von Drillmaschinen, dem Gewicht nichtständiger familienfremder Arbeitskräfte, der Dichte aller Arbeits- kräfte und der Ausländer/-innen sowie der Geschlechterproportion der ausländi- schen Zivilarbeitskräfte. Negative Korrelationen bestehen mit dem Flächenanteil großbäuerlicher Betriebe, dem Grünland- und Waldanteil, der Verwendung von Schrotmühlen und dem Anteil ständiger familienfremder Arbeitskräfte. Es han- delt sich um eine Agrarsystemdimension, deren Pole den Ökotypen Getreide- und Weinbau mit „Taglöhnergesellschaft“ auf der einen Seite und dem Ökotyp Vieh- zucht mit „Gesindegesellschaft“ ähneln.135 Auch die Mechanisierung  – die Drill- maschine für die Ackerbestellung zur Einsparung saisonalen Arbeitsaufwands auf der einen Seite, die Schrotmühle für die Futterbereitung zur Einsparung ständigen Arbeitsaufwands auf der anderen Seite  – spielt eine Rolle. Schließlich wird diese Dimension von der Arbeitskräftedichte bestimmt ; dabei fällt auf, dass große bzw. geringe Gesamtdichten mit großen bzw. geringen Dichten der Ausländer/-innen einhergehen  – ein Indiz für eine agrarökonomische Verteilungslogik. Zudem ver- weist das Hervortreten ausländischer Frauen gegenüber Männern in den Acker- und Weinbauregionen nahe der „volkstumspolitisch“ sensiblen Reichsgrenze auf den rassenideologischen Zug des „Reichseinsatzes“ ; jedenfalls besaß im offizi- ellen Diskurs der „fremdvölkische“ Mann mehr Drohpotenzial als ausländische Frauen.136 Die zweite Raumdimension, die zusätzlich 17 Prozent der Streuung abdeckt, korreliert positiv mit dem familienwirtschaftlichen Charakter sowie negativ mit dem Anteil ausländischer Arbeitskräfte ; sie bemisst die Arbeitskräftezusammen- setzung. Folglich wurden in den Arbeitsamtsbezirken, in denen familienfremde Arbeitskräfte anteilsmäßig hervortraten, häufiger Ausländer/-innen eingesetzt  – und umgekehrt. Diese Wechselwirkung lässt auf einen Austausch familienfremder Knechte und Landarbeiter mit deutscher Staatsbürgerschaft, die zur Wehrmacht und anderen Diensten abgezogen wurden, gegen Ausländer/-innen schließen. Um- gekehrt kann vermutet werden, dass bäuerliche Haushalte in Regionen mit ho- hen Anteilen an Familienarbeitskräften in geringerem Maß mit Ausländer/-innen beteilt wurden  – und folglich dem Zwang, Arbeitskräftemangel durch erhöhte Anstrengungen und verringerte Ansprüche zu kompensieren, häufiger ausgesetzt waren. Beide regional ungleich gewichteten Tendenzen  – erhöhte Fremdausbeu- tung der ausländischen Zwangsarbeiter/-innen zum einen, erhöhte Selbstausbeu- tung der bäuerlichen Familien zum anderen  – lassen weniger rassenideologische
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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