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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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299 Arbeit als alltägliches Kräftefeld nete den Alltag der „Menschenökonomie“. Sie war Teil eines Kräftefeldes, in dem unterschiedlich mächtige Akteure um die Verfügung über die  – vor allem unter den Bedingungen von „Landflucht“ und Kriegsdienst  – knappe Ressource Arbeitskraft rangen. Versuchen wir, das Geflecht der Machtbeziehungen  – vor allem im Hin- blick auf ausländischer Zivilarbeiter/-innen und Kriegsgefangene in Relation zu inländischen Arbeitskräften  – etwas zu entwirren. „Es wird bemerkt, dass die Bevölkerung bemüht ist, den immer fortschreiten- den Ausfall an Arbeitskräften durch Verlängerung der Arbeitszeit und Mehrleis- tungen auszugleichen“, so der Bericht des GP Wolfsbach vom Mai 1940.146 Im Hinblick auf den „Ausländereinsatz“ ist klärungsbedürftig, ob die hier angespro- chene Selbstausbeutung der bäuerlichen Familienbetriebe gleichermaßen auf den Schultern der Beschäftigten lastete oder etwa nach Nationalität, Rechtsstatus oder Geschlecht ungleich verteilt war. Auf dem Weg zu Antworten über die alltäglichen Handlungsmuster ist es unumgänglich, sich mit den vorherrschenden Deutungs- mustern auseinanderzusetzen. Bereits die Einsatzbestimmungen der Kriegsgefan- genen von 1940 legten fest : „Arbeitszeit und Arbeitsdauer bestimmen sich nach Ortsgebrauch und körperlicher Leistungsfähigkeit des Kgf. Ihre Arbeitskraft ist auf das schärfste anzuspannen.“147 Noch diffuser waren die Arbeitszeiten der aus- ländischen Zivilarbeiter/-innen umrissen. Vor diesem Hintergrund öffnete sich ein breiter Ermessensspielraum, der Auseinandersetzungen im alltäglichen Kräftefeld des „Arbeitseinsatzes“ Tür und Tor öffnete. Zentrale Streitpunkte waren Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, vor allem in Bezug auf die westlichen Kriegsgefangenen. Einerseits wird berichtet, dass die Dienstgeber/-innen „allgemein eine längere Arbeitszeit von diesen Franzosen“ eingefordert hätten.148 Andererseits wurde den kriegsgefangenen Franzosen vor- gehalten, ihre Rechte vehement einzufordern : Danach würden „die Kriegsgefan- genen, insbesondere Franzosen, Beginn und Ende der Arbeitszeit viel zu genau nehmen, so dass die Einheimischen schon längst noch arbeiten müssen, wenn die Kriegsgefangenen sich schon ausruhen.“149 Der von den Behörden registrierte Un- mut westlicher Kriegsgefangener über die eigene Benachteiligung und die angeb- liche Bevorzugung anderer veranlasste die Behörden offenbar zu einer besseren Koordination der Arbeitszeitbestimmungen. So wurden etwa im Kreis Horn im Juni 1943 zwischen Kreisbauernführer und Wehrmachtsbehörden die Arbeitszei- ten der Kriegsgefangenen von halb sechs Uhr morgens bis zehn Uhr abends fest- gelegt, „da gerade dies bei den einzelnen Arbeitskommanden sehr verschieden war und deshalb oft Schwierigkeiten entstanden sind“.150 Dass die Kriegsgefangenen im Allgemeinen, die Franzosen im Besonderen größere Verhandlungsspielräume über die Arbeitszeit vorfanden als andere Kategorien ausländischer Arbeitskräfte, legt ein Bericht aus demselben Kreis vom August 1944 nahe : Während unter den
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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