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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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320 „Menschenökonomie“ unter Zwang ausdrücklich verneint. Erst im Herbst 1943 wurden Fälle von „Arbeitsunlust“, da- runter auch von „Polen“ und „Ostarbeitern“, namhaft gemacht.231 Im Februar und März 1944 zeichnete sich jedoch eine Wende in der Leistungsbeurteilung ab. Die „Polen“ und „Ostarbeiter“ in der Landwirtschaft erschienen nicht nur vereinzelt, sondern insgesamt als unzuverlässig : „Die Arbeitsleistung dieser Arbeiter ist im allgemeinen nicht besonders, ihr Benehmen oft gleichgültig, mitunter frech.“232 Darüber hinaus galt die Leistung der Gesamtheit der „fremdvölkischen Arbeiter“ als „keineswegs entsprechend“ ; sie legten wegen teilweiser Bevorzugung durch „gewisse Bevölkerungskreise“ ein „anmassendes, arbeitsunwilliges Verhalten“ an den Tag.233 Im folgenden April schien sich die Arbeitsleistung der Ausländer/- innen wiederum gebessert zu haben ; sie wurde als „im allgemeinen entsprechend“ beurteilt. Ab Juli 1944 vermied der Landrat allgemeine Einschätzungen ; er er- wähnte nur noch besondere Fälle von „Arbeitsvertragsbrüchen“, die vor allem „Ostarbeiter“ und sowjetische Kriegsgefangene betrafen.234 Im langen Abstieg der Leistungen der Sowjetbürger/-innen in den Urteilen des Landrats Wiener Neu- stadt spielten wohl Deutungen der Beobachter und Handlungen der Beobachte- ten zusammen. Einerseits erhöhten die Schreckensmeldungen von der Ostfront die Sensibilität des Landrats und seiner Hilfsorgane bezüglich der Normverstöße der „Fremdvölkischen“ aus dem Osten ; andererseits förderten dieselben Nach- richten für ebendiese Personengruppe die Senkung der Hemmschwelle für eigen- sinnige Verstöße gegen die Normen. Neben diesen vielen punktuellen Urteilen über die Arbeitsleistungen der aus- ländischen Arbeitskräfte in der Landwirtschaft waren die NS-Behörden auch an Einschätzungen größerer Reichweite interessiert. Eine Untersuchung der Arbeits- produktivität ausländischer Arbeitskräfte im Landesarbeitsamtsbezirk Wien-Nie- derdonau erstellte Hans F. Zeck 1943 im Auftrag der Südosteuropa-Gesellschaft. Das Ziel, „ein vergleichbares Werturteil zwischen Arbeitskräften aus West-, Ost- und Südost-Europa zu gewinnen“, musste wegen mangelnder Datenbasis aufgege- ben werden ; dennoch deutet der Autor einige grundlegende Einschätzungen an : „Die relativ geringen Vergleichsmöglichkeiten scheinen darauf hinzudeuten, dass 1. westeuropäische Fach- bezw. in ihrem Heimatland bereits angelernte Kräfte bevor- zugt werden, wenn Arbeitsart und Werkzeug vielseitiges Geschick verlangen. Erst in Deutschland umgeschulte bezw. angelernte Franzosen wurden wiederholt schlechter beurteilt als in Deutschland angelernte Arbeiter aus Südosteuropa. 2. Ostarbeiter – besonders ukrainische Arbeiterinnen – werden bevorzugt, sofern die Arbeit körperlich schwer oder anhaltend monoton ist. Ostarbeiter sind durchweg dis- ziplinierter als Südostarbeiter.
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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