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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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329Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? bestimmungen erläutern, wird vor dem Hintergrund des alltäglichen Zwangs zur Kooperation der In- und Ausländer/-innen vor Ort verständlich. Auf diese Weise ließ sich die Verantwortung für diskriminierende Maßnahmen von der eigenen Person auf eine andere abschieben. Mit dem Masseneinsatz der „Ostarbeiter“ im Frühjahr 1942 erhielt auch die Debatte um die Lohnhöhe neue Nahrung. Nun traten die lohnpolitischen Dis- kriminierungen nicht nur zwischen in- und ausländischen Arbeitskräften, son- dern auch innerhalb der Gruppe der Ausländer/-innen ins Bewusstsein. Nach dem Bericht des Landrats Zwettl vom Oktober 1942 „haben sich bei den aus- ländischen Arbeitern aus dem Generalgouvernement und den übrigen Ostgebie- ten Differenzen mit den Arbeitgebern ergeben infolge Unzufriedenheit über die verschiedenartigen Lohntarife bei gleichen Arbeitsbedingungen“.260 Vor allem die unterschiedliche Handhabung der Leistungszulagen führte zur Missstimmungen unter den „Ostarbeitern“, wie der GP Euratsfeld im August 1942 berichtet : „Da- durch kommen diese Arbeiter auf 20 Reichsmark Barlohn im Monat. Die an- deren Russen, die diese Zulage nicht bekommen, sind nun unzufrieden und es ergeben sich Beschwerden, warum der eine Russe anders entlohnt wird als der andere, so dass ständig vermittelt werden muss. Die Abschaffung der Leistungs- zulage wäre angezeigt.“261 Doch nicht nur vonseiten der Bediensteten, sondern auch der Dienstgeber/-innen kam es, so der Landrat St. Pölten im Juli 1942, zu „Unstimmigkeiten, da die Polen und Ukrainer einen höheren Lohntarif haben als die Zivilrussen, obgleich letztere ja auch zum größeren Teile ukrainischer Volks- zugehörigkeit sind. Schon diese Tatsache allein löst unter der Bevölkerung eine Kritik dahin aus, dass die verfolgte Lohnpolitik nicht gerecht ist.“262 Solange die „Polen“ die einzige nennenswerte Kategorie der Zivilarbeiter/-innen in der Land- wirtschaft darstellten, äußerten Dienstgeber/-innen kaum Bedenken wegen deren Diskriminierung. Mit dem Einsatz einer zweiten, erheblich schlechter gestellten Kategorie der Zivilarbeiter/-innen nahm die lohnpolitische Debatte eine entschei- dende Wendung : Die amtliche Lohnhierarchie wurde nicht mehr allein von den „Fremdvölkischen“, sondern bereits auch vom eigenen „Landvolk“ infrage gestellt. Der von den Behörden verbalisierte Unmut verweist auf das Denkmuster ei- ner ‚gerechten Benachteiligung‘ der Ausländer/-innen : Wenn auch den „Fremd- arbeitern“ weniger Lohn als den deutschen Arbeitskräften zugestanden wurde, dann sollte diese Diskriminierung für alle Nationalitäten in gleichem Maß gelten. Nicht die diskriminierende Lohnhierarchie an sich, sondern die „Son- derbehandlung der Polen und Ostarbeiter“ stieß, so der Landrat Hollabrunn im September 1942, auf „wenig Verständnis“.263 Die zwangsläufigen Unstim- migkeiten zwischen mehr und weniger diskriminierten Gruppen ausländischer Landarbeiter/-innen gefährdeten Ruhe und Ordnung auf dem Hof. Die Proble-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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