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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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336 „Menschenökonomie“ unter Zwang nen oder Handwerker ; nur im Frühjahr 1945, als auch der Osten Niederdonaus vom Kampfgeschehen erfasst wurde, blieben die slowakischen Saisonarbeiter/-innen aus. Aufgrund des saisonal unterschiedlichen Arbeitskräftebedarfs variierten auch die Barlohnzahlungen des Betriebes an die ständigen und nichtständigen Arbeitskräfte (Abbildung 4.15). Jahr für Jahr zeichnete sich ein und dasselbe Muster ab : Zusätz- lich zu den monatlich anfallenden Dienstbotenlöhnen wurden von Mai bis Novem- ber die Löhne der Saisonarbeiter/-innen und Taglöhner/-innen fällig. Langsam, aber beständig, veränderten sich jedoch die Relationen zwischen den Leistungen der Dienstboten und den Gegenleistungen der Dienstgeber/-innen (Tabelle 4.10). Im Wirtschaftsjahr 1940/41 lag der durchschnittliche Bartaglohn bei 1,24 Reichs- mark ; dieser Wert stieg in den folgenden Wirtschaftsjahren auf 1,40 und 1,42 Reichsmark. 1943/44 war jedoch ein Einbruch auf 1,09 Reichsmark zu verzeichnen, der, gemessen am Wert für 1940/41, einen Rückgang um 27 Prozentpunkte dar- stellte. 1944/45 überschritt der durchschnittliche Bartaglohn von 1,33 Reichsmarkt bereits wieder knapp den Ausgangswert von 1940/41. Die Steigerungen der durch- schnittlichen Bartaglöhne der Wirtschaftsjahre 1941/42, 1942/43 und 1944/45, die aus der kriegsbedingten Arbeitskräfteknappheit erklärbar sind, lagen im Trend.285 Der Einbruch der Barlohnausgaben des Hofes im Wirtschaftsjahr 1943/44 ist hin- gegen erklärungsbedürftig. Wie die detailliert geführten Arbeitsberichte des Betrie- bes zeigen, gingen zwischen Juli 1943 und Juni 1944 die sinkenden Aufwendungen für die Dienstbotenlöhne mit einer beträchtlichen Ausweitung der geleisteten Ar- beitstage einher. Die Senkung der durchschnittlichen Bartaglöhne ging vor allem auf den Wechsel in der Belegschaft des Betriebes im Sommer 1943 zurück. Nach dem Ausscheiden eines inländischen Knechtes wurden zwei ausländische Arbeits- kräfte  – ein serbischer Kriegsgefangener und eine „Ostarbeiterin“  – eingestellt. Die Belegschaft des Betriebes veränderte sich dadurch hinsichtlich Größe und Zu- sammensetzung.286 Anstatt fünf waren nun sechs Dienstboten beschäftigt ; zudem stiegen die Relationen von Frauen zu Männern von 1 zu 4 auf 2 zu 4 sowie von ausländischen zu inländischen Bediensteten von 2 zu 3 auf 4 zu 2.287 Die Arbeitsbe- ziehungen änderten sich aber nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ, wie die damalige Bauerntochter erzählt : Die Gefangenen seien jeden Morgen vom Orts- gefängnis geholt und jeden Abend dorthin zurückgebracht worden ; mit ihnen habe sie kaum Kontakt gehabt. Mit der „Ostarbeiterin“ habe sie sich kaum verständigen können ; diese sei vom Bauern, der ein wenig Slowakisch konnte, zur Stallarbeit eingeteilt worden. Hingegen sei ihr die bereits seit 1940 im Betrieb beschäftigte Polin, die nach kurzer Zeit  – „in vierzehn Tagen“  – Deutsch sprechen konnte, nahe gestanden ; die beiden jungen Frauen hätten fast ständig gemeinsam gearbeitet. Die neue, der deutschen Sprache nicht mächtige „Ostarbeiterin“ und die täglich zwi- schen Lager und Betrieb pendelnden Kriegsgefangenen hatten geringere Chancen,
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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