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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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352 „Menschenökonomie“ unter Zwang Vor diesem Hintergrund hebt sich die tragende Struktur oder, nach Rudolf Gold- scheid, das „Gerippe“ der staatlichen „Menschenökonomie“ vom ideologischen Beiwerk ab. Im landwirtschaftlichen „Arbeitseinsatz“ in den Regionen Litschau, Mank und Matzen 1941 bis 1944 überlagerten sich mehrere Ungleichheiten : Die zeitliche Ungleichheit lässt sich mit der Lage auf den Kriegsschauplätzen  – ver- mehrte Militäreinberufungen im Zuge des beginnenden Abnützungskrieges gegen die Sowjetunion 1941/42, verschärfte Zwangsrekrutierungen ausländischer Zivil- arbeitskräfte im deutschen Machtbereich 1942/43, versiegende Arbeitskraftreser- ven 1943/44336  – in Zusammenhang bringen. Die räumliche Ungleichheit, die sich vor allem in den positiven Salden in Matzen und den negativen Salden in Litschau äußerte, offenbart einmal mehr den Vorrang der intensiven Agrarregionen im öst- lichen Flach- und Hügelland  – der „Kornkammern“ rund um Wien  – gegenüber den extensiver genutzten Landstrichen in Niederdonau. Die agrarsystemische Un- gleichheit wird an den Zuckerrübenbauern auf der einen, den Arbeiterbauernfamilien auf der anderen Seite des Spektrums deutlich. Großflächige, hoch technisierte und stark kommerzialisierte Betriebe wurden im Rahmen des „Arbeitseinsatzes“ in der Regel besser mit Arbeitskräften versorgt als landarme, wenig technisierte und mehr auf Selbstversorgung ausgerichtete Betriebe ; freilich bestanden auch Ausnahmen  – etwa die Maschinenmänner, die trotz ihrer Ähnlichkeit mit den Zuckerrübenbauern leichte Einbußen an Arbeitskraftpotenzial verzeichneten. Die Ab- und Zugänge an Arbeitskraft lassen vor allem die äußeren Beziehun- gen der Höfe zum Behördenapparat des „Arbeitseinsatzes“ erkennen ; die Binnen- beziehungen in den Betrieben und Haushalten lassen sich damit kaum erfassen. Die verfügbaren Daten verweisen auf zumindest zwei Unterscheidungen innerhalb der Höfe : jene zwischen Familien- und Fremdarbeitskräften sowie zwischen stän- digen und nichtständigen Arbeitskräften (Tabelle 4.15). Auch in dieser Hinsicht treten zeitliche, räumliche und agrarsystemische Unterschiede hervor : 1942 wur- den die Verluste an Familienarbeitskräften noch einigermaßen durch Zuweisungen ständiger Fremdarbeitskräfte kompensiert, wobei Mank ein Defizit und Matzen einen Überschuss gegenüber 1941 verzeichneten ; nur in Litschau wurden die Ab- gänge familieneigener Arbeitskräfte kaum ersetzt. Arbeiter-, Wein- und Nebener- werbsbauernfamilien mussten in beträchtlichem Maß Familienangehörige abgeben, ohne nennenswerten Ersatz zu erhalten. Dagegen verblieben die Familienangehö- rigen der Maschinenmänner und Zuckerrübenbauern fast zur Gänze auf den Höfen ; zudem wurden abgezogene Taglöhner/-innen und Saisonarbeiter/-innen durch Gesindepersonal ersetzt. 1943 verließen deutlich weniger Familienangehörige die Höfe als im Jahr zuvor ; durch Neuzugänge an Gesindekräften nahm das Arbeits- kräftepotenzial in allen drei Regionen sogar zu. Während sich der Abfluss von Familienarbeitskräften bei Arbeiter- und Nebenerwerbsbauernfamilien fortsetzte,
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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