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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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499Das agronomische Expertensystem kann wissenschaftliche Arbeit nur dann der Praxis dienen, wenn sie nicht bloß die Tagesfragen sieht, sondern immer wieder neue Grundlagen für spätere Probleme auf- schließt [Hervorhebungen im Original].“16 In dieser Passage kommt ein Spannungsmoment im agronomischen Experten- system des Forschungsdienstes zur Sprache : Die euphemistisch als „Freiheit der Wissenschaft“ verbrämte Indienstnahme der Agrarwissenschaften durch das politisch-ökonomische System untergrub eine Grundlage wissenschaftlicher Pro- blemlösungskapazität : ein Mindestmaß an Autonomie gegenüber außerwissen- schaftlicher Steuerung. So gesehen waren die Möglichkeiten des agronomischen Expertensystems zur Selbststeuerung erheblich eingeschränkt, weil es massiver Fremdsteuerung vonseiten des politisch-ökonomischen Systems unterlag. Dennoch gerieten durch die Einverleibung der österreichischen Agrarforschung in den For- schungsdienst die einzelnen Elemente  – Universitätsinstitute, Versuchsanstalten, Agrarpresseorgane, Bildungs- und Beratungseinrichtungen und so fort  – in einen Gesamtzusammenhang, der den Systemcharakter der agronomischen Wissens- produktion und -distribution zweifellos verstärkte. Über die Steuerungsmedien bürokratischer Anweisungen und finanzieller Zuweisungen, die in beträchtlichen Mengen in die Agrarwissenschaften flossen, vermochte der Forschungsdienst un- ter der Regie Konrad Meyers Richtung und Ausmaß der wissenschaftlichen Akti- vitäten entscheidend zu bestimmen.17 Das regional gestreute Netzwerk agrarwissenschaftlicher Forschungseinrich- tungen auf dem Gebiet der Landesbauernschaft Donauland zu Kriegsbeginn 1939, nach eineinhalb Jahren des „Aufbaus“, besaß ein klares Zentrum : die um ehemals niederösterreichische Gemeinden erweiterte Stadt Wien. Die Hochschule für Bodenkultur, die Tierärztliche Hochschule, die Universität und die Technische Hochschule beheimateten diverse Institute, Lehrstühle und sonstige Einrichtun- gen, die agrarwissenschaftlich relevante Forschungen betrieben. Zudem fanden sich hier zahlreiche außeruniversitäre Forschungsstätten für fast alle Zweige der Landwirtschaft. An diese inner- und außeruniversitären Einrichtungen waren in der Umgebung Wiens Versuchswirtschaften und -felder, etwa die Versuchswirt- schaft Groß- Enzersdorf der Hochschule für Bodenkultur, angeschlossen. Auf der Verkehrsachse zwischen Wien und Linz formierte sich in den Kreisen Amstet- ten und Melk ein Agrarforschungscluster. Das Zentrum bildete die Reichsfor- schungsanstalt für Landwirtschaft im ostmärkischen Donauraum, die das REM in Säusenstein 1939 einrichtete.18 In nächster Nähe lagen die Staats-Lehr- und Versuchsanstalt für Milchwirtschaft in Wolfpassing,19 die Obstanlage der Höhe- ren Staatslehranstalt und Staatsversuchsstation für Wein-, Obst- und Gartenbau Klosterneuburg in Amstetten20 sowie die an die Landwirtschaftsschulen Gießhübl,
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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