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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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541Wirtschaftsberatung vor Ort „Nun ist die Auswahl unter den derzeitigen Verhältnissen sehr schwer. Bauern, die eine landwirtschaftliche Schule besucht haben, gibt es verhältnismäßig noch wenig. Die jüngeren Bauern sind zum großen Teil eingerückt. Andere nehmen sich nicht Zeit und haben auch nicht Zeit, da ihnen zur Bewirtschaftung der eigenen Wirtschaft die Arbeitskräfte fehlen. Wieder andere sind politisch untragbar und fachlich in Ord- nung. Andere sind politisch in Ordnung, aber fachlich nicht. Jene Bauern, die uns nun in einer Ortschaft übrig bleiben, sind nur in geringster Zahl, vielleicht überhaupt noch nicht vorhanden. Die Landesbauernschaft steht wohl auf dem Standpunkt, daß in erster Linie das fachliche Wissen und Können bei der Beurteilung maßgebend ist ; ich stehe wohl auch auf diesem Standpunkt, aber nicht immer der Ortsgruppenleiter und nicht immer die Kreisleitung.“190 Neben Militärdienst und Arbeitskräftemangel wird hier die Spannung zwischen ernährungswirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Gesichtspunkten, vertreten durch Reichsnährstands- und NSDAP-Funktionäre, offenkundig. Jedenfalls werde es, so der Beratungsleiter, unter diesen Umständen noch „Jahre dauern, bis wir hier den Apparat so laufen haben, wie wir ihn brauchen“.191 Selbst dann, wenn geeignete Kandidaten als Hofberater ausgewählt wurden, bestand noch keine Erfolgsgarantie. Einerseits müssten die Hofberater geschult werden ; dabei sei darauf zu achten, dass nicht zu viele, jedoch auf ein bestimmtes Produktionsgebiet beschränkte Inhalte pro Schulungseinheit vermittelt werden. Andererseits sollten sie sich, ebenso wie die Ortsbauernführer, gegenüber der Ge- meindeöffentlichkeit als Vorbilder erweisen : „Wir haben im heurigen Jahr anlässlich unseres Außendienstes in den einzelnen Ortschaften die Wirtschaften der Ortsbauernführer und Hofberater besichtigt und diesen in stundenlangem Zusammensein entsprechende Wirtschaftsberatung erteilt. Bei dieser Gelegenheit wurde zur Durchleuchtung des Betriebes ein Karteiblatt auf- genommen, das alle für den Betreffenden als Ortsbauernführer oder Hofberater not- wendigen Fragen enthält. […] jede Verbesserung auf dem Hof wird auch in der Kartei wieder eingetragen. Nach einigen Jahren ergibt sich aus dem Karteibild schon allein, ob der Mann aus fachlichen Gründen als Ortsbauernführer oder Hofberater weiter zu belassen ist.“192 Die Fremddisziplinierung, die Hofberater und Ortsbauernführer ausübten, paarte sich hier mit der Selbstdisziplinierung dieser „Zellen, von denen die Wirtschaftsbe- ratung, die Wirtschaftsverbesserung ihren Ausgang zu nehmen hat“. Dabei räumte der Reichsnährstand durchaus ein, dass dieser Anspruch in der gegenwärtigen Re- alität noch nicht einlösbar sei : „Die Höfe unserer ehrenamtlichen Berater müssen
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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