Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Seite - 568 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 568 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Bild der Seite - 568 -

Bild der Seite - 568 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text der Seite - 568 -

568 Das „Landvolk“ und seine Meister tung der Betriebsleiter/-innen an Gewicht. Die Wirtschaftsberatung gliederte sich nach den Formen in die Massen- und Einzelberatung, nach den Inhalten in die allgemeine und Spezialberatung. Ob der organisierte Wissenstransfer eher der au- toritären „Menschenführung“ oder paternalistischen Aufklärung folgte  – er bildete ein zentrales Machtdispositiv des social engineering bäuerlicher Alltagswelten unter der Regie des agronomischen Expertensystems. Das Wochenblatt, das amtliche Zentralorgan der Massenberatung des Reichs- nährstandes, suchte seine Deutungshoheit über eine paternalistische Patron-Kli- entel-Logik zu vermitteln : Die Führung gibt dem „deutschen Landvolk“ die ihm gebührende Ehre, woraufhin das „deutsche Landvolk“ der Führung Gegengaben wir die Leistungsbereitschaft in der „Erzeugungsschlacht“ schuldet. Bei der Ak- zentuierung des bäuerlich-völkischen Gemeinschaftsentwurfs wurden zunächst der innere Zusammenhalt, später die äußere Grenze gegenüber „dem Feind“ be- tont. Im Wechselspiel von Abstraktion und Konkretisierung entwarf das Blatt die Vorstellung vom Deutschen Reich als einem überdimensionierten Bauernhof, be- arbeitet vom „Landvolk“ und geführt von dessen Meistern. Das Wochenblatt hatte in der Logik des ‚nationalen Hofes‘ die Aufgabe, dem „Landvolk“ anleitend, ar- gumentierend, aufklärend und appellierend die Entscheidungen der Führung zu übermitteln und begreiflich zu machen. Die ‚große Politik‘ wurde dem „Landvolk“ nicht über das Label „Nationalsozialismus“, sondern über nationalsozialistische Führungsfiguren nahegebracht. In den letzten Kriegsjahren zeichnete sich die Auf- wertung des „Landwirts“ gegenüber dem „Bauern“  – und damit von ökonomischen gegenüber „rassischen“ Leistungsmaßstäben  – ab. Das „neue Deutschland“, von dem im Wochenblatt wiederholt die Rede war, hatte keine Entsprechung in der Ge- genwart, sondern bezog sich auf eine nach dem „Endsieg“ zu schaffende Zukunft. Über den Anspruch des Wissen-Müssens ermächtigte sich der Reichsnährstand in paternalistischer Manier zum Ratgeber der bäuerlichen Klientel. Fallweise stieß das Wochenblatt jedoch bei „Meckerern“ an die Grenzen seiner Deutungsmacht gegenüber der Leserschaft ; dabei stand das umworbene Vertrauen des „Landvolks“ in die Führung auf dem Spiel. Neben der medialen Massenberatung suchte das agronomische Wissenssystem während der NS-Ära auch über die Einzelberatung der Betriebsleiter/-innen, etwa mittels der Wirtschaftsberatungsstellen, Expertenwissen in den bäuerlichen Alltag zu vermitteln. Die Wirtschaftsberatungsstelle unter Kriegsbedingungen entpuppte sich als eine wenig effiziente Institution ; der Verwaltungsaufwand lähmte die ei- gentliche Wirtschaftsberatung. Die Lösung dieses Problems, der Einsatz bäuerli- cher Hofberater, suchte die Fremddisziplinierung durch den Beratungsapparat um die Selbstdisziplinierung der bäuerlichen Bevölkerung zu ergänzen. Der Mangel an geeigneten Hofberatern ließ die endgültige Problemlösung in bewährter Manier in
zurück zum  Buch Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder