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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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576 Ordnung und Chaos des Marktes Bemerkenswert erscheint zum einen, dass der Zeitungsartikel das in der veröffent- lichten Meinung meist ausgesparte Thema des „schwarzen Marktes“ zur Sprache brachte. Zum anderen wird zwischen den Zeilen der Zusammenhang von offizieller und inoffizieller Marktsphäre angedeutet : Erst der „geregelte Markt“ rückte zuvor legale Wirtschaftspraktiken in die Illegalität. Umgekehrt erhob erst der „schwarze Markt“ die Einhaltung des Wirtschaftsrechts zur Existenzfrage. Entsprechend der Scheidung zwischen Marktordnung und Bewirtschaftung unterschied das nationalsozialistische Wirtschaftsrecht zwei Arten von Strafen gegen Verstöße. Grundsätzlich drohten für Verstöße gegen die Marktordnung Ordnungsstrafen im Verwaltungsweg, für Verstöße gegen die Bewirtschaftung auch Gerichtsstrafen. Ordnungsstrafen wurden beim „Verstoß gegen die Berufs- pflichten“ im Rahmen der Selbstverwaltung der Wirtschaftsverbände verhängt ; sie sollten die betreffenden Betriebsinhaber/-innen „wieder in die von ihm [und ihr] gestörte Ordnung zurückführen“. Der staatliche Strafapparat kam erst dort zum Zug, „wo durch den Verstoß nicht nur die Berufspflichten verletzt, sondern darü- ber hinaus die Grundlagen der Versorgung angetastet werden“.24 Die gesetzlichen Grundlagen dafür boten die Verbrauchsregelungs-Strafverordnung (VRStVO)25 von 1940, eine Zusammenfassung des bisherigen Verbrauchsregelungsstrafrechts, und die Kriegswirtschaftsverordnung (KWVO)26 von 1939.27 Die VRStVO er- mächtigte die Ernährungsämter, eine Ordnungsstrafe zu verhängen oder, in schwe- ren Fällen, den Fall an die ordentlichen Gerichte weiterzuleiten. Verbrechen gegen die KWVO wurden ausschließlich vor den 1939 in den Oberlandesgerichtsbe- zirken eingerichteten Sondergerichten abgehandelt.28 Die für landwirtschaftliche Delikte maßgebliche Bestimmung lautete : „Wer Rohstoffe oder Erzeugnisse, die zum lebenswichtigen Bedarf der Bevölkerung gehören, vernichtet, beiseite schafft oder zurückhält und dadurch böswillig die De- ckung des Bedarfes gefährdet, wird mit Zuchthaus oder Gefängnis bestraft. In beson- ders schweren Fällen kann auf Todesstrafe erkannt werden.“29 Während sich die VRStVO auf bezugsbeschränkte Erzeugnisse bezog, erfasste die KWVO alle Waren, gleichgültig ob bezugsbeschränkt, beschlagnahmt oder frei er- hältlich. Die KWVO war zweifellos die schärfste Waffe im Kampf gegen die länd- liche Schattenwirtschaft ; sie zielte auf den „Kriegsschieber“  – ein antikapitalistisch und antisemitisch aufgeladener Topos des Ersten Weltkriegs und der ersten Nach- kriegsjahre.30 Sie sollte „jene gewissenlosen Geschäftemacher bekämpfen, die aus Gewinnsucht oder Auflehnung gegen die kriegswirtschaftlich notwendigen Vor- schriften zum Nachteil der Allgemeinheit störend in den Warenumlauf eingreifen und dadurch Versorgungsschwierigkeiten hervorrufen“.31
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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