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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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579Der Markt und seine (Un-)Ordnung das notwendige Essen. Und man kann ruhig sagen : der Kampf in der Heimat ist in manchen Belangen nicht weniger mühe- und opfervoll, als der im Felde draußen. Das gilt für die Landwirtschaft im allgemeinen, das gilt aber ganz besonders für die Bauern der Ostmark, denen die wirtschaftlichen Erholungsjahre des Altreiches 1933 bis 1936 fehlen [Hervorhebungen im Original].“48 Bemerkenswert an diesem Artikel ist weniger die schreiende Kriegsmetaphorik, als vielmehr der leise, aber unüberhörbare Widerspruch zwischen dem Aufruf, den „Ertrag zu steigern“, und der Rede von der „Aufrechterhaltung der Erzeugung“. Damit wurde, wenige Wochen nach dem Ende des Polenfeldzuges und vor Be- ginn des sich abzeichnenden Krieges gegen die Westmächte, die strategische Rich- tungsänderung der Ernährungspolitik vom Wachstum zur Stabilisierung  – oder, um im Bild zu bleiben, vom Angriff zur Verteidigung  – signalisiert. Dieser Kurs- wechsel erfolgte wohl nicht „trotz aller Schwierigkeiten“, wie im Artikel zu lesen war, sondern gerade deswegen. Weiters nahm der Autor zwei wesentliche Unter- scheidungen vor : einerseits jene zwischen dem wirtschaftlich erholten „Altreich“ und der bedrängten Ostmark, andererseits jene zwischen „Landwirt“ und „Bauer“. Damit verband er in populistischer Manier die materielle Zumutung, die Erzeu- gung zu steigern oder zumindest zu halten, mit dem symbolischen Anreiz, einem auserwählten, sich gegen alle Widrigkeiten behauptenden „Stand“ anzugehören. Neben die propagandistischen Appelle traten die finanziellen Abgeltungen, die Betriebsinhaber/-innen für die vermarkteten Produkte erhielten. Trotz aller anti- kapitalistischer Polemik gegen den Marktpreis als Regulationsmechanismus setzte der Reichsnährstand im Rahmen seiner Marktordnung auf dieses Steuerungsinst- rument. Die Preisfestsetzung erfolgte im „Dritten Reich“ vorrangig von der Kon- sumentenseite her, um Hungerrevolten wie im Ersten Weltkrieg zu verhindern. Daher sollte die Marktordnung auf der Produzentenseite die Erzeugerpreise auf beschränktem Niveau fixieren und die Spanne zu den Verbraucherpreisen mög- lichst gering halten.49 Wie die Preisentwicklung auf dem Gebiet Österreichs zeigt, wurde die Preisstabilität bei Getreide und Milch weitgehend und bei Hackfrüchten annähernd erreicht ; die Preise für Rind- und Schweinefleisch  – den bevorzugten Agrargütern auf dem „Schwarzmarkt“  – zogen jedoch merklich an (Tabelle 7.1). Die nach Kriegsende ermittelten Preisreihen bemessen die finanziellen Abgeltun- gen für Agrarprodukte 1938 bis 1945 aber nur unzureichend ; denn die Vielfalt der Produktions-, Distributions- und Konsumtionsbedingungen erforderte ein ebenso vielfältiges Instrumentarium : „Es gab Richt- und Festpreise, Mindest-, Höchst- und Grundpreise ; es gab regionale, zeitliche und qualitative Preisabstufungen ; und es gab ein ganzes Geflecht subsidiärer Preisstützungsmaßnahmen in Form von Beihilfen, Ausgleichsfonds, Subventionen und Prämien.“50
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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