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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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583Der Markt und seine (Un-)Ordnung der jeweiligen Bahn- oder Schiffsverladestation. Von dieser umfassenden Marktre- gulation versprach sich der Reichsnährstand vor allem in den entlegenen Regionen die Steigerung der Ablieferungsleistung, weil die Festpreise einen Anreiz gegen die Verfütterung des Getreides an das Vieh boten.54 Auf diese Weise wurde der Zu- sammenhang von abnehmender Rentabilität bei zunehmender Marktentfernung, auf dem das Modell der „Thünenschen Ringe“55 beruht, zwar abgeschwächt, aber nicht außer Kraft gesetzt. Denn die Regionen Nieder- und Oberdonaus waren in unterschiedlichem Maß durch das Verkehrsnetz erschlossen : Im Wald- und Mühl- viertel sowie im Alpen- und Alpenvorland waren die Entfernungen zur nächsten Bahnstation oder zu Verarbeitungsbetrieben wie Mühlen, Brauereien, Brennereien, Zucker- und Stärkefabriken weitaus größer als im westlichen und östlichen Flach- und Hügelland (Tabelle 7.3).56 Daher beeinträchtigte die Verkehrslage vor allem die Einkommensentwicklung der Berglandbetriebe, die umso mehr von staatlichen Förderungstöpfen abhängig wurden. Die Steuerungsinstrumente des propagandistischen Appells und der finanziel- len Abgeltung traten im Lauf des Krieges gegenüber der behördlichen Aufsicht mehr und mehr zurück.57 Zunächst beschränkte sich die Aufsicht auf die Erfas- sung der Faktor- und Produktmengen mittels Hofkarte, Kreiswirtschaftsmappe und anderer statistischer Erhebungen.58 Der nächste Schritt bestand 1939 in der mit der Bewirtschaftung verknüpften Ablieferungspflicht. Die Vorschreibung der abzuliefernden Mengen erfolgte kaskadenartig von der Reichsebene an die Lan- desernährungsämter, von dort an die Ernährungsämter der Kreise, von dort an die Ortsbauernschaften, von dort an die einzelnen Betriebe.59 Eine weitere Verdich- tung erfuhr der behördliche Kontrollapparat durch die Hofbegehungskommissi- onen, die 1942 zunächst in einigen Landesbauernschaften, 1943 reichsweit ein- geführt wurden. Der Aufgabenbereich dieser vom Kreisbauernführer eingesetzten Kommissionen war weit gesteckt ; er umfasste die Überwachung der angegebenen Anbauflächen und Viehzahlen, der Verteilung der Arbeitskräfte, der Bemessung der Ablieferungskontingente, des Verbots der Verfütterung von Brotgetreide und der Erfüllung der Ablieferungspflicht für alle bewirtschafteten Erzeugnisse. Zwar galt die Hofbegehungskommission nur als „Hilfsinstrument“ für Kreis- und Orts- bauernführer ; doch im Endeffekt ermöglichte sie den Behörden weitreichende Zu- griffe auf die bäuerliche Betriebsführung.60 Während die Hofbegehungskommissi- onen der Überwachung dienten, wurde zunächst 1941, in größerem Maßstab 1943 auch die Bestrafung der „vereinzelte[n] Wirtschaftsführer, die dieser Verpflichtung [zur ‚Sicherung der Volksernährung‘]  – sei es infolge Unfähigkeit, sei es infolge bösen Willens  – nicht nachkommen“, im Rahmen der Landbewirtschaftungsver- ordnung von 1937 verschärft. Konnten Anerben- und Landbewirtschaftungsge- richte bereits bisher Treuhänder zur Wirtschaftsüberwachung von „Bauern“ und
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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