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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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591Lange Schatten, kurzer Prozess Erst die dritte Dimension, die die restlichen 11 Prozent der Streuung er- klärt, umfasst die richterliche Unterscheidung zwischen schweren Verstößen gegen die KWVO, die mit Zuchthausstrafen geahndet wurden, und leichteren Verstößen, die Gefängnisstrafen nach sich zogen. Damit sind weitere Unter- scheidungen eng verbunden : Männer versus Frauen, NSDAP-Parteianwärter, Reichsnährstands- und Gemeindefunktionäre versus Nichtparteimitglieder und -funktionäre, „Schleichhandel“ von Rindfleisch zu Überpreisen und Missbrauch der Amtsgewalt versus andere Delikte, hohe versus niedrige Geldstrafen, Kreise Krems und Bruck an der Leitha versus Kreis Gän sern dorf, fünf und mehr versus zwei Angeklagte pro Verfahren, Erschwernisgründe (Vorstrafen, Tatwiederho- lung, Tatmotiv und Verleitung) versus Milderungsgründe (Verleitung, Tatmotiv und Schadensausmaß) bei der Strafbemessung. Auf dieser Dimension geht es vor allem um einen Moralunterschied zwischen mehr und weniger schwerwiegenden Kriegswirtschaftsdelikten. Gesamt gesehen wird der Raum der ländlichen Schattenwirtschaft durch wirt- schafts-, politik- und kulturbezogene Dimensionen  – Klasse, Organisation und Moral  – aufgespannt (Abbildung 7.4). Die darin angeordneten 206 Fälle son- dergerichtlich Verurteilter zerfallen entsprechend ihrer Lagebeziehungen in vier gleichartige Gruppen, die unterschiedliche Teilräume belegen : Die Gruppe der bäuerlich-amtlichen Falschmelder (24 Fälle) nimmt den oberen Bereich ein. Für ihre Merkmale ist vor allem der positive Teil der zweiten Dimension bestimmend : männlich, mittleres Alter, Parteimitgliedschaft sowie Funktion in Reichsnährstand oder Gemeindeverwaltung, weniger als zwei Hektar oder 20 und mehr Hektar Grundbesitz, verurteilt wegen Amtsmissbrauchs zu schweren Gefängnis- oder Zuchthausstrafen, wobei die Verleitung weiterer Personen als erschwerend gewer- tet wurde. Im Zentralbereich und darunter versammelt sich rechts die Gruppe der bediensteten Getreideverfütterer (36 Fälle), die vom positiven Teil der ersten Di- mension und dem negativen Teil der zweiten Dimension geprägt sind : weiblich, jung, ledig, unselbstständig beschäftigt, kein Grundbesitz, verurteilt aufgrund der VRStVO wegen Verfütterung größerer Mengen von Getreide und sonstigen Pro- dukten zu geringen Gefängnisstrafen, wobei die Verleitung durch Vorgesetzte dem Sondergericht als Milderungsgrund galt. Der zentrale und untere Teilraum zerfällt links in einen vorderen und hinteren Bereich. Vorne befindet sich die Gruppe der bäuerlichen Schleichhändler (50 Fälle), deren Merkmale vom negativen Teil der dritten Dimension bestimmt sind : Par- teianwärter, fünf bis 20 Hektar Grundbesitz, verurteilt wegen Verkaufs von Rind- fleisch zu Überpreisen aus „gewinnsüchtigen“ Motiven zu ein- bis zweijährigen Zuchthausstrafen. Dahinter verbergen sich die bäuerlichen Schwarzschlächter (96 Fälle), für die hauptsächlich der positive Teil der dritten Dimension ausschlag-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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