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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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650 Ordnung und Chaos des Marktes ernschaft Donauland dem Aufruf zur Schließung der Eiweiß- und Fettlücke durch verstärkten Raps- und Rüpsenanbau [sic] voll nachgekommen sind“.182 Unter welchen Bedingungen sich die Betriebsleiter/-innen zu derart massiven Nutzungsänderungen entschlossen, lässt ein dem Wochenblatt 1940 beiliegendes Flugblatt erschließen. Unter der Überschrift Erfolgreicher Ölfruchtanbau fanden die Leser/-innen Informationen über „unsere Hauptölfrüchte Raps und Rübsen“, Lein oder Flachs als Faser- und Ölpflanze, den Mohn, die „Ölfrucht der rauhen Lagen“, sowie „zwei neue Ölfrüchte : Saflor [Färberdistel] und Ölkürbis“. Beim oberflächlichen Durchsehen des graphisch aufwendig gestalteten vierseitigen Flugblatts blieben die Blicke wohl am Schaubild auf der dritten Seite hängen : „Oelfruchtbau  – lohnt sich !“ Eine Bildstatistik im Zentrum veranschaulicht den volkswirtschaftlichen Fettertrag eines Hektars Raps und Rübsen von 7,5 Doppel- zentner. Links und rechts daran anschließend werden die betriebswirtschaftlichen Vorteile des Ölfruchtanbaus versinnbildlicht : die Rücklieferung von Ölkuchen als hochwertiges Kraftfutter, die Ertragssteigerung bei Weizen als Nachfrucht, die Preis-, Prämien- und Abnahmegarantien, die Verdoppelung der Zahl der Ernten auf einem Feld in Kombination mit Zwischenfrüchten. Das Schaubild adressiert vorwiegend den männlichen „Betriebsführer“ ; nur an der Auszahlungskasse steht eine Frau in der Warteschlange (Abbildung 7.28). Eine genauere Lektüre klärt über die Vorteile des Ölfruchtanbaus auf : Zunächst wird auf den etwa sechsmal so hohen Fettertrag eines Hektars Ölfrucht gegenüber einem Hektar Acker oder Grünland zur Viehfütterung verwiesen. Zudem seien in betriebstechnischer Hin- sicht die Risikostreuung, der Ausgleich der Arbeitsspitzen zur Saat- und Erntezeit sowie die Verbesserung des Bodens für das nachfolgende Wintergetreide von Vor- teil. Schließlich wird eine Reihe wirtschaftlicher Vorteile angeführt, so etwa beim Anbau von Raps und Rübsen : die hohen Fixpreise, die bei Abschluss eines Liefer- vertrages durch Prämien aufgefettet werden, das Vorkaufsrecht auf Ölkuchen, die Zuteilung zusätzlicher Speiseölmengen ohne Einrechnung in die Fettrationen und das zusätzliche Stickstoffdünger-Kontingent von etwa einem Doppelzentner pro Hektar. Auch die Flachserzeuger/-innen genießen Vorteile : Neben den Fixpreisen und dem Vorkaufsrecht auf den Ölkuchen erhielten sie Bezugsscheine für verbil- ligte Leinenwaren. Schließlich sei auch der Mohn-, Saflor- und Ölkürbisanbau von der Preisgestaltung her vorteilhaft. Alles in allem ließe sich sagen, „daß der Anbau von Oelfrüchten nicht nur betriebstechnische und arbeitstechnische, sondern vor allem wirtschaftliche Vorteile bietet, die so in die Augen springend sind, daß kein Bauer oder Landwirt daran vorbeigehen kann [Hervorhebungen im Original]“.183 Welchen „Bauern“ oder „Landwirten“ die Vorteile des Ölfruchtanbaus wohl in die Augen sprangen  – und welchen nicht  –, lassen die folgenden Passagen des Flugblatts erschließen. Schon das Schaubild enthält eine standortbezogene Un-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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