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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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673Vom Wert der Landarbeit naturräumlich benachteiligten Alpengebiet nach Osteuropa bedeutet. Angesichts der zu erwartenden Widerstände in der Bevölkerung und unter dem Einfluss von Landesbauernführer und Unterstaatssekretär Anton Reinthaller als Schutzpatron der „Bergbauern“ wurden diese Pläne hierzulande ambivalent beurteilt. So zeigte Löhr 1942 in einer Artikelserie zum bäuerlichen Arbeitsbegriff210 zwar durchaus Verständnis für die Arbeitsproduktivität als ökonomischen Leistungsmaßstab im Flach- und Hügelland, nahm aber die bergbäuerlichen Familienbetriebe aufgrund ihrer Erzeugungs- und „rassischen“ Leistung ausdrücklich davon aus : „Im ostmärkischen Bergland, das uns hier nahe liegt, würde die ausschließliche An- wendung des Prinzips der Arbeitsergiebigkeit voraussichtlich verheerende Folgen ha- ben. Die Steigerung der Roherträge je Arbeitskraft würde neben einem Rückgang der Hektarleistungen vor allem mit einer verhängnisvollen Abnahme der Landvolkdichte in den Berggebieten erkauft werden müssen.“211 In dieselbe, produktivistische und „völkische“ Argumente verschmelzende Kerbe schlug Löhrs Mitarbeiterin an der Wiener Hochschule für Bodenkultur, Anneliese Salomon, in ihrer Dissertation von 1944 zur Produktivität im pannonischen Flach- und Hügelland : Es bestehe zwar ein deutliches Produktivitätsgefälle zwischen Guts- und bäuerlichen Betrieben und selbst „die Hoffnung, der geringen wirt- schaftlichen Leistungsfähigkeit des pannonischen Bauern eine biologische entge- genstellen zu können, wird völlig enttäuscht“. Dennoch müsse der NS-Staat  – „völ- kisch gesehen“  – auch das „Bauerntum“ wegen seiner grenzpolitischen Aufgabe im Osten des Reiches stärken.212 Konfrontieren wir die akademische Debatte um die „Unterbewertung der Landarbeit“ mit dem Wert der effektiven Betriebserträge und Familieneinkom- men. So einfach diese Aufgabe gestellt ist, so schwierig ist sie zu lösen. Vor allen grundsätzlichen Erwägungen hängt sie ganz pragmatisch von der Verfügbarkeit entsprechender Quellen ab. Buchführungsaufzeichnungen könnten am präzises- ten Auskunft über die Ertrags- und Einkommenshöhe geben ; doch derartige Quellen sind, zumindest auf betrieblicher Ebene, äußerst rar. Immerhin am Fall einer großbäuerlichen Ackerwirtschaft in Gän sern dorf können wir die Güter- und Geldflüsse für das Wirtschaftsjahr 1942/43 im Detail bemessen.213 Auf dem Hof herrschte eine Kombination aus Marktproduktion und Selbstversorgung, die offensichtlich die natürliche und Verkehrslage des Standortes im Marchfeld, der fruchtbaren „Kornkammer“ in Wien-Nähe, ausnützte (Tabelle 7.22) : Die Zu- ckerrübe, die wichtigste Marktfrucht, wurde auf der Grundlage eines vertragli- chen Lieferkontingents zur Gänze vom Feld weg an die Zuckerfabrik geliefert ; auch der Großteil der Weizen-, Roggen-, Gerste- und Rapsernte gelangte zum
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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