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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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701Jenseits von Traditionalität und Modernität seits gängige Modernisierungstheorie nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ der wissenschaftlichen Rechtfertigung gesellschaftlichen ‚Fortschritts‘ im Spannungsfeld zwischen Ost und West.8 Genau besehen handelte es sich dabei um keine einheitliche Theorie, sondern um ein diffus unter „Modernisie- rung“ zusammengefasstes Bündel nicht- oder antimarxistischer Interpretationen gesellschaftlichen Wandels.9 Der klassische Modernisierungsbegriff der 1950er und 1960er Jahre zeichnete eine Einbahnstraße in Richtung Industrialisierung, Demokratisierung und Rationalisierung nach westlichem Muster vor. In diesem Rahmen war der Nationalsozialismus bestenfalls als Abweichung vom westeuro- päischen Normalweg der Modernisierung, als „deutscher Sonderweg“, denkbar. Diese ethnozentrische Meistererzählung verlor in der Kritik der Moderne seit den 1970er Jahren und der Affirmation der Postmoderne seit den 1990er Jahren an Glaubwürdigkeit.10 Die reflexive Vorstellung von multiple modernities11 erkennt in der Moderne eine janusköpfige Ambivalenz, die das Potenzial für Zivilisation ebenso wie für Barbarei birgt.12 Neben dem Normalweg in Richtung einer in- dustrialisierten, demokratisierten und rationalisierten Gesellschaft werden auch alternative Modernisierungspfade  – einschließlich sozialistische und faschisti- sche13  – beschritten. Der umkämpfte Übergang vom klassischen zum reflexiven Modernisierungs- begriff rahmte auch die Debatte um Nationalsozialismus und Moderne,14 die sich entlang zweier Dimensionen aufspannte : der Triebkraft nach zwischen intentiona- ler und funktionaler Modernisierung und der Reichweite nach zwischen totaler und partieller Modernisierung (Tabelle 8.1). Für jede der Grundpositionen finden sich charakteristische Beispiele : David Schoenbaum hob in Hitler’s Social Revolution als einer der Ersten den modernisierenden Charakter des Nationalsozialismus hervor ; doch die „soziale Revolution“ in der deutschen Gesellschaft habe entgegen den anti-modernen Absichten der NS-Führung stattgefunden.15 Hans Mommsen, der das Nachwort zur deutschen Ausgabe von Schoenbaums Buch unter dem Titel Die braune Revolution schrieb, gestand der NS-Ära einige modernisierende Ent- wicklungen zu ; doch er verstand diese als unbeabsichtigte Folgen der NS-Herr- schaft oder „vorgetäuschte Modernisierung“.16 Rainer Zitelmann sorgte mit seiner Hitler-Biographie für Aufsehen mit der  – als den Nationalsozialismus verharm- losend kritisierten17  – Behauptung, Hitler und andere NS-Führer hätten als „So- zialrevolutionäre“ eine grundlegende Umwälzung der deutschen Gesellschaft un- ter modernen Vorzeichen, etwa des US-amerikanischen Fordismus, angestrebt.18 Riccardo Bavaj argumentierte in seiner abwägenden Forschungsbilanz, dass viele NS-Entscheidungsträger zwar modernen Visionen folgten, deren ambivalente Re- sultate aber nur Teile der deutschen Gesellschaft erfassten.19
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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