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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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729Österreich zwischen Krise und Boom kriegszeit. Im agrarischen Organisationsgefüge lösten auf Staatsebene das ÖVP- geführte Landwirtschafts- und das SPÖ-geführte Ernährungsministerium die Reichsbehörden und auf Länderebene die vom ÖVP-Bauernbund dominierten Landwirtschaftskammern den Reichsnährstand ab. Dabei wurde ein erheblicher Teil des für den „Wiederaufbau“ der österreichischen Land- und Forstwirtschaft kaum entbehrlichen Fachpersonals übernommen ; so etwa wechselte der spätere Landwirtschaftsminister Eduard Hartmann als Abteilungsleiter von der Landes- bauernschaft Niederdonau zur Landwirtschaftskammer für Niederösterreich und Wien.104 Die Ausgangsbedingungen für den „Wiederaufbau“ waren alles andere als güns- tig : Die Agrarproduktion war mangels Arbeitskräften und Betriebsmitteln ein- gebrochen ; die Distributionskanäle waren durch zerstörte Verkehrswege, alliierte Zonengrenzen und überforderte Behörden behindert ; das Konsumniveau war trotz Auslandshilfen dramatisch  – in Großstädten und Industrierevieren bis unter den Mindestbedarf  – gesunken.105 Die unter alliierter Aufsicht stehende Koalitionsre- gierung suchte angesichts von Produktionseinbruch, Fehldistribution und Man- gelkonsum die amtlichen Agrarpreise zu stabilisieren. Zu diesem Zweck führten die Wirtschaftsverbände die kriegswirtschaftliche Zwangsbewirtschaftung  – samt der daneben grassierenden „Schattenwirtschaft“ mit ihrem um ein Vielfaches höheren Preisniveau  – zunächst fort. Der Staatsapparat lockerte 1947 die kriegs- wirtschaftlichen Regulative : einerseits durch den Übergang von der Gesamt- zur Teilbewirtschaftung mit vorgeschriebenen Lieferkontingenten, andererseits durch zwischen Produzenten- und Konsumentenverbänden ausgehandelte Lohn- und Preisabkommen in Reaktion auf die Nachkriegsinflation. Investitionsprogramme zur Produktions- und Produktivitätsförderung, vor allem das 1948 gestartete Eu- ropean Recovery Program (ERP oder „Marshallplan“), hoben den österreichischen Agrarsektor schrittweise wieder auf das Leistungsniveau der Vorkriegszeit  – und darüber hinaus. Folglich wurde die zu Kriegsbeginn eingeführte und nach Kriegs- ende verlängerte Lebensmittelbewirtschaftung bis 1950 schrittweise abgebaut.106 Auf die Bewirtschaftung im und nach dem Zweiten Weltkrieg folgte nicht, wie nach dem Ersten Weltkrieg, die Liberalisierung der Agrarmärkte, sondern die großkoalitionäre Festschreibung der Marktordnungen  – ein Erbe der Krise des wirtschaftlichen und politischen Liberalismus Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre. Das Bündel aus Getreidewirtschafts-, Milchwirtschafts- und Viehverkehrs- gesetz von 1950, zusammengefasst im Marktordnungsgesetz von 1958, war dem sozialpartnerschaftlichen Doppelziel der Versorgungssicherheit (im Interesse der Konsumenten) und Preisstabilisierung (im Interesse der Produzenten) verpflich- tet. Neben das Marktordnungsgesetz trat das nach mehrjährigen Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ 1960 gemeinsam beschlossene Landwirtschaftsgesetz,
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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