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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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736 Eine grünbraune Revolution ? haltigen Hochsprüngen an Arbeits-, etwas mäßiger auch an Bodenproduktivität äußerte. Freilich erfasste der produktivistische Übergang nicht alle Agrarsysteme glei- chermaßen. Die niederösterreichischen Buchführungsergebnisse für 1937 und 1946/47 erhellen regionale und betriebliche Unterschiede der Agrarentwicklung in der NS-Ära. Zwar wird deren Vergleichbarkeit durch die wechselnde Zusam- menstellung der Betriebssamples  – 1946/47 standen weniger Buchführungsbetriebe zur Verfügung als 1937  – eingeschränkt ; dennoch erlauben sie Rückschlüsse auf wesentliche Tendenzen (Abbildung 8.9). Der betrachtete Manövrierraum setzt sich aus den Dimensionen Spezialisierung und Kapitalintensität mit 47 Prozent Erklä- rungsrate sowie Betriebsgröße und Arbeitsintensität mit 24 Prozent Erklärungsrate zusammen. Die weitesten Sprünge in Richtung Produktivismus  – pflanzenbauli- che Spezialisierung, geringe Arbeits- und hohe Kapitalintensität, Größenwachstum und Markt orientierung  – vollzogen 1937 bis 1946/47 die Betriebe des Flach- und Hügellandes sowie des Alpenvorlandes. Eine Ausnahme von dieser Regel bildeten einmal mehr die Weinbaubetriebe, die zu verminderter Betriebsgröße und vermehr- ter Arbeitsintensität tendierten. Die Betriebe in den übrigen Produktionsgebieten setzten in der NS-Ära erheblich kürzere Schritte in Richtung Technisierung und Kommerzialisierung, wobei die Voralpenbetriebe zum Betriebswachstum, die Wald- viertler Betriebe hingegen zur Schrumpfung neigten. Zudem wirkten die Versuche der staatlichen Bewirtschaftung in den letzten Kriegs- und ersten Nachkriegsjah- ren, die Tierhaltung zugunsten des Pflanzenbaus einzuschränken, in regional un- terschiedlicher Weise : Sie hemmten die Entwicklung der Rinderhaltungsbetriebe in den gebirgigen Lagen und förderten die Entwicklung der Ackerbaubetriebe in den Ebenen und im Hügelland. Die Entwicklungspfade der Buchführungsbetriebe belegen eindrücklich die regionale Spaltung der Agrarentwicklung in der NS-Ära zwischen „Gunst“- und „Ungunstlagen“ im Sinn des Produktivismus, die sich in den Jahrzehnten nach 1945 fortsetzte. Regionale Unterschiede kennzeichneten auch das durch den Wertschöpfungszuwachs im Nachkriegsboom steigende Landwirtschaft- seinkommen pro (Familien-)Arbeitskraft : Während es im Flach- und Hügelland den durchschnittlichen Industriearbeiterlohn übertraf, rangierte es im Mittel- und Hochgebirge deutlich darunter.120 Die im Landwirtschaftsgesetz von 1960 ange- peilte, insgesamt aber verfehlte Angleichung der inner- und außeragrarischen Ein- kommen im „agrarischen Wohlfahrtsstaat“ kontrastierte mit der Aufspaltung der bäuerlichen Wohlstandsentwicklung nach regionalen Agrarsystemen. Welche Erkenntnisse bietet der Vergleich der österreichischen Agrarentwick- lung vor 1938 und nach 1945 über den Stellenwert der NS-Ära (Tabelle 8.13) ? Auf der institutionellen Ebene zeichnete sich ein fundamentaler, weil für längere Zeit kaum umkehrbarer Wandel im Verhältnis von Nationalstaat und Agrarsektor
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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