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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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752 Eine grünbraune Revolution ? diesem Weg wurde der völkische Produktivismus zum künftigen Fluchtpunkt der Erwartungshorizonte von Planungsexperten, Funktionsträgern und Pionierbetrie- ben. Zugleich grenzte sich die davon angeleitete ‚nachholende Modernisierung‘ der ostmärkischen Landwirtschaft vom Erfahrungsraum der vergangenen, bis in die Gegenwart ausstrahlende Krise der „Systemzeit“  – der Ursache des Nachhol- bedarfs  – ab. In der Schwebelage von ‚nicht mehr‘ und ‚noch nicht‘ erfuhren agrari- sche Schlüsselbegriffe eine Umwertung  – so etwa der Leistungsmaßstab, der in den Planungen zum „germanischen Großraum“ von der Boden- zur Arbeitsproduk- tivität umschwenkte. Gleichwohl hielten ostmärkische Planungseliten wegen der „rassisch“ bedenklichen Entsiedlung der Berg- und Grenzgebiete weiterhin an der Bodenproduktivität fest. Jenseits des Expertendisputs etablierte sich ein von Teilen der bäuerlichen Basis, vor allem der jüngeren, männlichen Generation, geteiltes Grundverständnis ‚moderner‘ Agrarentwicklung  – noch ein Jahrzehnt bevor diese in eine fossilenergetisch befeuerte Wachstumsphase eintrat. Der Schwellenzeit- Charakter der NS-Ära zeigt sich daran, dass der institutionelle Übergang dem technischen vorauszueilen begann, bevor jener diesen wieder einholte. Die Tech- nisierungswelle zu Beginn der NS-Ära verdichtete zwar die Erfahrungen der ost- märkischen Landwirtschaft mit der fossilen Energiebasis der Industriegesellschaft ; der volle Zugriff darauf blieb ihr jedoch wegen kriegswirtschaftlicher Prioritäten bis Kriegsende verwehrt  – was die Erwartung eines produktivistischen Übergangs nach dem Krieg umso mehr steigerte. Die Ergebnisse dieser Studie vermögen auch einen Beitrag zur Debatte um die „braune Revolution“, das Verhältnis von Nationalsozialismus und Moderne, zu leisten : Vollzog die nationalsozialistische Agrargesellschaft auf dem Gebiet Ös- terreichs eine ‚grünbraune Revolution‘  – und entfaltete sich diese eher intentio- nal oder funktional, total oder partiell ? Erstens beabsichtigten die meisten Ent- scheidungsträger des NS-Systems, die  – gegenüber dem „Altreich“ als rückständig geltende  – ostmärkische Landwirtschaft im völkisch-produktivistischen Sinn zu modernisieren. Dieses Megaprojekt war jedoch weder fest umrissen noch unum- stritten ; es bildete ein umkämpftes Amalgam ‚moderner‘ und ‚antimoderner‘ Ele- mente. Zudem musste es  – jenseits aller Intentionalität  – ständig den unbeab- sichtigten Effekten der Kriegsführung als „Agent des Wandels“,172 vor allem dem Ressourcenvorrang des militärisch-industriellen Komplexes, angepasst werden. Das weitgehend geteilte Leitbild bildete der „rassisch“ und technisch produktive Familienbetrieb mittelbäuerlicher Größe als volkspolitisches und ernährungswirt- schaftliches Fundament der Industriegesellschaft im erweiterten „germanischen Großraum“  – ein hochmodernistisches, revolutionäres Ziel, das mit sozialtech- nologischen, evolutionären Mitteln erreicht werden sollte. Ziehen wir davon den Rassismus als nationalsozialistisches Alleinstellungsmerkmal ab, zeigt sich darin
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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