Seite - 46 - in Das zusammengedrängte Gedenken
Bild der Seite - 46 -
Text der Seite - 46 -
46 1821 erschien Alois Primissers aufwändig
ausgestat-tetes
Werk zu dem Habsburger-Stammbaum, den
Maximi-lian
I. zusammenstellen hatte lassen und der sich in der
Ambraser Sammlung befindet.130 Die Porträts der
Mitglie-der
der Dynastie wurden in 56 lithographischen Tafeln
wiedergegeben, die am lithographischen Institut in Wien
gedruckt wurden, und mit erklärenden Texten von Alois
Primisser versehen. Es lassen sich in Kupelwiesers
Ent-würfen
und Gemälden Bezüge zu diesem Werk erkennen;
so übernahm der Künstler die lateinischen Bildtexte, die
Primisser zitiert, in seine Entwurfszeichnungen; auch in
der Gestaltung der Porträts Rudolfs I. und Albrechts II.
orientierte er sich deutlich an Primissers Werk.
Zu einzelnen Bildthemen und Kompositionen könnte
Kupelwieser auch von der künstlerischen Ausstattung der
Franzensburg angeregt worden sein, wo er selbst 1831
zusammen mit Friedrich von Amerling, Ferdinand Georg
Waldmüller, Leander Ruß und anderen Malern an der
Ausführung der Porträtgalerie des Lothringersaales
betei-ligt
war.131 Zur Vorbereitung seines Gemäldes Franz I. (II.)
für den Krönungssaal in Frankfurt (1840) erhielt
Kupel-wieser
die Genehmigung, die Kaiserornate in der
Schatz-kammer
zu Studienzwecken benutzen zu dürfen132; die
genaue Kenntnis der dort aufbewahrten Reichsinsignien
und Krönungsornate kam Kupelwieser auch in seiner
Ausgestaltung geschichtlicher Ereignisse, vor allem der
beiden Belehnungsszenen, zugute.
versehen wurde.122 Mit einer Ausnahme finden sich alle im
Freskenzyklus dargestellten geschichtlichen Ereignisse in
diesem Band, dessen Illustrationen auch einige
Komposi-tionen
Kupelwiesers angeregt haben dürften. Auch die
Auffassung dieses Werks, die Geschichte Wiens gleichsam
als Brennpunkt und Spiegel österreichischer Geschichte
zu lesen, findet sich in Kupelwiesers Programmkonzeption
wieder. Ähnliche Ansätze lassen sich in der vor 1848
ent-standenen
Serie von Sepiazeichnungen von Carl Ruß
fin-den,
in der die zeitliche Achse von der Vorgeschichte bis
zum Ausbruch der Pest im Jahr 1679 gelegt wird und dabei
Wiener Geschichte über weite Strecken mit der
österrei-chischen
Geschichte gleichsetzt wird.123
Mit Sicherheit kannte Kupelwieser auch Hormayrs
Werke, vor allem das fünfbändige Werk Wien, seine Ge
schicke
und seine Denkwürdigkeiten, das 1823 erschien. Hormayr
„kann als der prominenteste Vertreter der engen Verflechtung
zwischen Historiographie, dynastischer Propaganda und den
patriotisch
nationalen Kunstbestrebungen im 19. Jahrhun
dert
gelten.“124Silvia
Petrin führt als wichtigste Quelle für
Kupelwie-sers
Programmkonzeption die populärwissenschaftlichen
Geschichtswerke Anton Zieglers an125, vor allem dessen
mehrbändige, reich bebilderte126 Werke Vater ländische
Immortellen aus dem Gebiethe der österreichischen
Geschichte (1838 – 1840) und Vaterländische Bilderchronik
aus der Geschichte des österreichischen Kaiserstaates
(1843 – 1849). Allerdings war Anton Zieglers explizite
deutsch-nationale und exponierte pro-revolutionäre
Gesinnung Kupelwiesers politischer Einstellung
diamet-ral
entgegengesetzt; auch gab Ziegler seine Werke stets
im Selbstverlag heraus; sie wurden nur in beschränkter
Zahl gedruckt und nicht in Buchhandlungen vertrieben,
wodurch sie meist bald vergriffen und schwer zugänglich
waren.127
Teilweise zog Kupelwieser wohl auch
geschichts-wissenschaftliche
Werke heran, wie etwa Geschichte der
Regierung Ferdinand I., das von Franz Bernhard von
Buchholtz in den Jahren 1831 – 1839 in neun Bänden
herausgegeben wurde und als einziges der im Zuge dieser
Arbeit untersuchten Geschichtswerke der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts die Rolle Ferdinands I. bei der
Neu-organisation
des niederösterreichischen Regiments
beschreibt.128
Für die Darstellung habsburgischer Herrscher wie
Maria Theresia, Joseph II. oder Ferdinand I. dienten
Kupel-wieser
sicherlich Werke aus der kaiserlichen
Gemälde-sammlung,
die zu der Zeit im Belvedere gezeigt wurden,
sowie Gemälde und andere Kunstwerke aus der Ambraser
Sammlung, die 1806 von Tirol nach Wien übersiedelt129
und ebenfalls im Belvedere untergebracht worden war. 122 Franz Ziska (1786 – 1855), Kunst- und Kulturhistoriker. Die
Biblio-thek
der Akademie der bildenden Künste besitzt sein Werk
Geschichte der Stadt Wien; Kupelwieser hat als Akademie-Professor
diese Bibliothek möglicherweise auch benutzt. Wahrscheinlich
war ihm durch die Bekanntschaft mit Ludwig Schnorr von
Carols-feld
das Werk schon vor seiner Drucklegung
zugänglich.123
Zu der Serie von Sepiazeichnungen von Carl Ruß vgl.: Telesko
(2006) p. 332 –
341.124
Telesko (2006) p.
314.125
Petrin (1996) p. 541, Anm. 22, 23 und
24.126
Die Werke Vaterländische Immortellen aus dem Gebiethe der öster
reichischen Geschichte und Historische Memorabilien des In und
Auslandes sind mit Federzeichnungen des bekannten
Historien-malers
Johann Peter Nepomuk Geiger ausgestattet.
127 In der Bibliothek der Akademie der bildenden Künste Wien findet
sich nur der Band Historische Memorabilien des In und Auslandes.
In Kupelwiesers Nachlass sind zwar zahlreiche geschichtliche
Werke verzeichnet, darunter aber keines von Anton
Ziegler.128
In diesem Werk findet sich auch die sonst in der historischen
Literatur ungebräuchliche Bezeichnung „Hunnawaren“, die
Kupelwieser in seinen Programmentwürfen verwendet, und eine
Beschreibung des „Taidings zu Tulln“, das ebenfalls in der
histo-rischen
Literatur der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts selten
erwähnt wird.
129 Primisser (1819) p.
25.130
Stammbaum des allerdurchlauchtigsten Hauses Habsburg […] nach den
in der k. k. Ambraser Sammlung befindlichen […] Originalgemählden,
Wien
(1821).131
Feuchtmüller (1979) p.
121.132
Ebd. p. 53.
zurück zum
Buch Das zusammengedrängte Gedenken"
Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306