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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 86 -
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86 Auch Alfred Rethel und Julius Schnorr von Carolsfeld stellten den Kaiser in ihren Karl-Zyklen im Krönungssaal des Aachener Rathauses bzw. den Kaisersälen der Münch-ner Residenz mit dieser Krone dar. Erst spätere Forschun-gen ergaben, dass sich die Reichskrone des Hl. Römi-schen Reichs aus Goldschmiedearbeiten des 9. bis späten 11. Jahrhunderts zusammensetzt. Die Darstellung der fränkischen Reiter sowie der Waf-fen entspricht dem Wissensstand der Zeit, der jedoch noch große Lücken aufwies, wie Sabine Fastert in ihrer Abhandlung über die historischen Quellen zu Schnorr von Carolsfelds Wandmalerei-Zyklus in den Münchner Kaisersälen nachweisen konnte.298 Nach dem Geschichts-schreiber Heinrich Luden299 waren die fränkischen Sol-daten mit Helm, Panzer und Lanze ausgestattet. Sie führ-ten weder Bogen noch Pfeile, heißt es in Idelers kritischem Einhard-Kommentar von 1839, sondern in der linken Hand einen Schild, in der Rechten ein mit zwei Schnei-den versehenes Beil mit kurzem Stiel. Obwohl Schwerter in Ludens Text über das fränkische Heer nicht erwähnt werden, wird von Karl dem Großen überliefert, er habe stets ein Schwert an der Seite gehabt.300 Die Darstellung Karls des Großen und seiner fränki-schen Krieger in Kupelwiesers Fries stimmt mit dieser Beschreibung überein.301 So etwa sind die meisten Krie-ger mit Speeren bewaffnet, ein Reiter ganz rechts im Bild schwingt ein kurzes Beil, und allein Karl der Große hält in der Rechten ein Schwert. Auch Karls Kleidung – das kurze Gewand in der Art einer römischen Tunika und der lange Mantel – entspricht der Beschreibung Ludens und ist ähnlich auf den Wandgemälden im Karls-Saal der Münchner Residenz zu finden. In Übereinstimmung mit Schnorr von Carolsfelds Darstellungen fehlen Karl und seinen Reitern die Steigbügel. Fastert weist in diesem Zusammenhang auf die Metzer Reiterstatuette hin und deutet das Fehlen der Steigbügel als Verweis auf den frühen Zeitpunkt des Ereignisses.302 Jörg Traeger294 stellte in seiner Untersuchung über Napoleon-Darstellungen fest, dass zwischen dem Relief-stil der Darstellung und ihrem triumphalen Inhalt ein innerer Zusammenhang besteht. Die Verwandtschaft mit der häufigsten Form des Triumphrituals, dem Triumph-zug, wird besonders anschaulich, wo friesartige Bildform und dargestellter Gegenstand übereinstimmen, etwa in Bertel Thorwaldsens Relieffries Einzug Alexanders des Großen in Babylon. Dies bestätigt sich gerade auch im linken Bildteil von Kupelwiesers Karls-Fries, wo der Hee-reszug, nach dem Sieg im rechten Bildteil, in eine Art Triumphzug mit Hörner blasenden und Fahnen schwen-kenden Figuren übergeht. Bei der Darstellung der Figur Karls des Großen mit gelocktem Haar und langem Bart griff Kupelwieser auf antike Herrscher-Topoi zurück, auf denen letztlich auch die Beschreibungen in der zeitgenössischen Geschichts-schreibung beruhten.295 Die Reichskrone des Hl. Römi-schen Reichs mit Kreuz und Bügel auf seinem Haupt galt im frühen 19. Jahrhundert noch als Reichskrone Karls, schließlich zeigte auch Dürers berühmtes Gemälde Karl mit dieser Krone. Illustrationen zu geschichtlichen Wer-ken des 19. Jahrhunderts haben oft diese Darstellung Dürers zum Vorbild, so etwa der Kupferstich von Peter Fendi auf dem Titelblatt zu Hormayrs Geschichte von Wien296 oder der Holzschnitt von Lafitte in Ziskas Geschichtswerk.297 (Abb. 124) 294 Traeger (1990) p. 162.295 Vgl. dazu: Hormayr (1823 – 1825) 2. Bd., Heft 2, p. 53.296 Hormayr (1823 – 1825) 1. Bd., Heft 3, Titelkupfer J. Axmann nach P. Fendi.297 Ziska (1847) p. 36.298 Fastert (2000) p. 219f.299 Heinrich Luden, 1778 – 1847, deutscher Historiker, Verfasser u.a. einer 12-bändigen Geschichte des Teutschen Volkes (1825 – 1845). 300 Zur Kampfausrüstung der Franken nach Luden und Ideler vgl. Fastert (2000) p. 218.301 Zur Zeit von Kupelwiesers Aufenthalt in Rom 1824 arbeitete Julius Schnorr von Carolsfeld an den Fresken des Ariost-Saales in der Villa Massimo. Weiters ist anzunehmen, dass Kupelwieser auf seiner Reise nach München im Herbst 1847 auch die Kaisersäle besichtigte und es zu einem Austausch mit Schnorr von Carols-feld über die Darstellung geschichtlicher Gegenstände kam. 302 Fastert (2000) p. 219.Abb. 124: „Carl der Große, nach einer alten Hand- zeichnung, von Lafitte“; Bildquelle: Ziska (1847).
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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