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„Die gewöhnliche Kleidung der Männer bestand aus einer
bis an die Knie reichenden Tunika, die mit zwei Bändern der
Länge nach besetzt und um die Hüften gegürtet wurde; lan
gen Beinkleidern, unter dem Knie gebunden und Halbstie
feln, zuweilen trugen sie auch Sandalen und eine Art
Strümpfe, die sie kreuzweise mit Schnüren umwanden. Ein
Mantel von mäßiger Länge wurde auf der Schulter mit einer
Spange oder durch einen Knoten befestigt.“327
Tatsächlich entspricht Kupelwiesers Darstellung in
Vie-lem
dieser Beschreibung: Man erkennt sowohl die kurze,
mit Schnüren gegürtete Tunika, als auch die kreuzweise
gebundenen Sandalen und den kurzen Mantel. Schild,
Helm und Schwert Leopolds erfüllen ebenfalls die
Forde-rung
nach historischer Treue:
„Die Kopfbedeckung […] bestand aus einem Helm von coni
scher oder zugespitzter verbogener Form und hatte eine her
abhängende Verlängerung zum Schutz der Nase. […] Das
Schwert von beträchtlicher Länge war mit einer starken
ter mit einer Spange zusammengehaltene Mantel gehen
auf zeitgenössische Abbildungen des Kaisers zurück. Die
mit runden und ovalen Edelsteinen geschmückte
sechs-eckige
Krone, die der Herrscher in Kupelwiesers Fresko
trägt, könnte ebenfalls auf Darstellungen Ottos II. oder
Heinrichs II. in Buchmalereien des 10. Jahrhunderts
zurückgehen, in denen stets ein mehreckiger Kronreif zu
erkennen ist. Bei der Krone handelt es sich um die
soge-nannte
Eiserne Krone, deren sechs durch Scharniere
ver-bundene
Goldplatten im Inneren mit einem eisernen Reif
verstärkt werden. Jede Platte ist seitlich mit drei
überein-andergesetzten
Edelsteinen und einem Edelstein in der
Mitte der Platte verziert.324 Hefner-Alteneck liefert eine
genaue Beschreibung der Krone nach einer
zeitgenössi-schen
Darstellung des römischen Kaisers Otto II., die sich
auf einem Einzelblatt aus dem Registrum Gregorii (Trier,
um 983) befindet:
„Die aus mehreren Goldblechen zusammengesetzte Krone
(wohl in Unkenntnis der Perspective von winkeliger Form325)
ist mit Steinen besetzt von denen die beiden runden und der
ovale roth, die drei dem letzteren zunächst stehenden grün,
die anderen blau sind.“326
Möglicherweise hat Kupelwieser also die durch ein
per-spektivisches
Missverständnis bedingte mehreckige Form
der Krone aus der bekannten Darstellung übernommen.
Auch in der Gestaltung der Kleidung Leopolds I., von
dem kaum zeitgenössische Abbildungen erhalten sind,
versuchte Kupelwieser eine historisch korrekte
Wieder-gabe.
Bei Hefner-Alteneck findet man folgende
Schilde-rung:
Abb. 127: Detail aus einem Blatt mit Skizzen zu Wand- und
Decken gemälden: Entwurf zu dem Gemälde „Leopold erhält von
Otto II. die Ostmark zum Lehen“; Bleistift, geripptes Papier, gesamt
260 x 330 mm; Universität Graz, Institut für Kunstgeschichte. Abb. 128: Detail aus dem zweiten Gesamtentwurf für die Wand-
und Deckengemälde: Bildfeld „Leopold der Erlauchte erhält Öst.
von Otto II. 984“; Bleistift, geripptes Papier, gesamt 418 x
569 mm; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/348.
324 Die „eiserne Krone“ ist eine karolingische Krone aus dem 9.
Jahr-hundert,
deren nähere Herkunft nicht geklärt ist. Mit der
eiser-nen
Krone wurden nach einer Legende mittelalterliche Könige
und Kaiser Italiens gekrönt. Seit dem 15. Jahrhundert wurde sie
mit der sagenhaften Krone der Langobarden identifiziert, seit
dem 16. Jahrhundert als Kreuznagelreliquie verehrt. Die
Legen-denbildung
knüpft sich an den schmalen eisernen Reif, der innen
eingefügt ist. Die Krone wird in der Kathedrale von Monza
auf-bewahrt.
Vgl.: Schramm; Fillitz (1978) 2. Bd., p.
128.325
Die eiserne Krone hat, anders als in den frühen Darstellungen,
eine runde Form.
326 Hefner-Alteneck (1840 – 1854) 1. Abt., p. 10.
327 Ebd. p. 15f.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306