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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
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97 Abb. 136: Die Stadt Nürnberg; Bleistiftskizze, 6. Skizzenbuch; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/516. Abb. 137: Der Augsburger Dom, Details; Bleistiftskizze, 6. Skizzenbuch; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/516. lich dargestellt. In Fortsetzung einer langen Tradition wird dabei auf der Suche nach den Anfängen dieser Ein-heit die symbolisch aufgeladene Figur des Stammvaters Rudolf I. beschworen. Die Konstruktion des Rudolf- Mythos und die enorme Popularisierung des Herrschers im 19. Jahrhundert nicht zuletzt auch durch bildende Kunst und Literatur hat Sabine Fastert in ihrer Arbeit Entdeckung des Mittelalters ausführlich beschrieben.348 Leopold Kupelwieser folgt in seinem Gemälde nicht der Bildtradition des Motivs vom Frommen Rudolf (Rudolf und der Priester) oder vom Siegreichen Feldherrn (Rudolf in der Schlacht gegen Ottokar), sondern schildert den zeremoni-ellen Moment der Lehenvergabe an seinen Sohn Albrecht. Dadurch verschiebt sich der Akzent von der Person Rudolfs und seinen Taten hin zu seiner Rolle als Landesfürst und Begründer einer Dynastie, der nach drei kaiserlosen Jahr-zehnten wieder Ordnung und Einheit im Land hergestellt hat und diesen Auftrag an seinen Sohn weitergibt. Diese Inszenierung von Eintracht und Kontinuität ist allerdings bei näherer Betrachtung eine Konstruktion, welche Elemente aus dem geschichtlichen Ereignis im Sinne der Projektionen und Sehnsüchte des 19. Jahr-hunderts selektiert und neu kombiniert. Denn Rudolf übergab in Augsburg nicht nur Albrecht I., sondern auch seinem jüngeren Sohn Rudolf II. die Lehen Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain und die windische Mark. Auf-grund der Widerstände des österreichischen Adels gegen die gemeinsame Belehnung verzichtete Rudolf II. aber ein Jahr später in der Rheinfeldener Hausordnung auf seinen Anteil am Herzogtum Österreich, die verspro- die Reichskleinodien in den Händen, allerdings trägt er nicht wie in der Speyrer Darstellung die Lilienkrone, son-dern die römische Kaiserkrone.345 Von Albrechts Gesicht ist wenig zu erkennen, er hat einen kurz geschnittenen Bart und längere Locken; der rote, mit Goldbordüren und einem breiten Hermelinkra-gen versehene österreichische Herzogsmantel und das blaue Unterkleid mit den goldenen Lärchen ist aus zahl-reichen mittelalterlichen Darstellungen wie etwa jener von Leopold I. im Klosterneuburger Babenberger-Stamm-baum bekannt. Den Erzherzogshut gestaltete Kupelwieser ähnlich dem Erzherzogshut von Maximilian I., der in Klos-terneuburg aufbewahrt wird, allerdings ohne Zackendia-dem und aufwendig verzierte Bügel, als einfache rote Samthaube mit runden Lappen aus Hermelinpelz. Die mittelalterlichen Hausfassaden und Dächer der Stadt Augsburg, mit denen Kupelwieser den Hintergrund gestaltete, erwähnt er explizit im zweiten Programment-wurf und betont, dass die Straße durch die alten Häuser noch heute dieselben Umrisse zeige.346 Laut den Eintra-gungen in seinem Skizzenbuch347 reiste Kupelwieser im Sommer 1847 über Salzburg nach Deutschland und besuchte die Städte Passau, Augsburg, Nürnberg, Bamberg und Regensburg. Besonders nachhaltig dürften ihn auf dieser Reise mittelalterliche Bauwerke beeindruckt haben, wie zahlreiche Skizzen und Detailstudien, unter anderem auch vom Augsburger Dom, belegen. Unter dem Eindruck dieser Reise dürfte auch die Gestaltung des alten Rathaus-platzes von Augsburg entstanden sein. (Abb. 136, 137)Innerhalb des gesamten Freskenzyklus betont dieses Gemälde am eindringlichsten die Verbindung der Ge-schichte des Landes mit jener des Herrscherhauses. Diese Bildaussage wird zusätzlich durch das Wappen im Vorder-grund, welches den rot-weiß-roten Bindenschild Öster-reichs mit dem habsburgischen Löwen vereint, sinnbild- 345 Zur Krone Rudolfs von Habsburg auf der Speyrer Grabplatte vgl. Kapitel „Rudolf I.“346 Programmentwurf II, siehe Anhang. 347 Niederösterreichisches Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/516.348 Vgl.: Fastert (2000) p. 43 – 106.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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