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106 tungen durch Zu oder Anbauten am meisten verschont
bleiben, den ersten Rang ein. Durch dieselben erhalten wir
den klarsten Ueberblick des Baustyls in Österreich im
12. Jahrhundert und den Beweis, daß die Baukunst mit Sorg
falt gepflegt
wurde.“395Ein
Jahr später publizierte Gustav Freiherr von Heider
einen Band über die Dreikönigskapelle zu Tulln mit
Illus-trationen
von Leopold Oescher. Seine Datierung des
Bau-werks
nähert sich bereits den Ergebnissen der heutigen
Bauforschung:
„Um die Zeit ihrer Erbauung mit völliger Sicherheit zu
bestimmen, fehlen alle schriftlichen Aufzeichnungen, und es
bleibt nichts übrig, als aus dem Baucharakter derselben auf
ihre Erbauungszeit zurück zu schließen. Diesem nach gehört
sie in die Übergangsperiode des Rundbogenstils in den Spitz
bogenstil, wobei aber beide Elemente sich noch das Gleich
Sehr genau setzte sich Franz Xaver Schweickhardt von
Sickingen mit der Baugeschichte jener Orte auseinander,
die er in seine Schilderung des Erzherzogtums aufnahm.
Seiner Beschreibung der Tullner Dreikönigskapelle folgt
auch der Versuch einer zeitlichen Einordnung:
„Gegen Süden steht die alte merkwürdige Dreikönigskapelle,
ein rundes Gebäude gothisch
byzantinischen Styles […]. An
der Ostseite dieses von Unkundigen für einen alten heidni
schen Tempel gehaltenen, aus der Römerzeit herstammenden
Gebäudes befinden sich ein halbrunder Vorsprung mit einem
Ausguß für das geweihte Wasser, und an der Nordseite eine
kleine, flache Nische mit einer sehr verstümmelten kleinen
Heiligenstatue, welches Alles, […] dieses Gebäude als ein
Gotteshaus aus den ersten Zeiten des nach Oesterreich ver
pflanzten Christenthums bezeichnen, welches wahrscheinlich
durch Kaiser Carl den Großen, der zweifelsohne die Stadt
Tulln als einen früheren Römerpunkt gründete, geschaffen
wurde.“390
In weiterer Folge beklagt der Autor den schlechten
Zustand, in dem sich das Gebäude befinde:
„Schade daß die Wölbung dieses Tempels, der lange ganz
ohne Bedeckung war durch Einwirkung der Witterung schon
so beschädigt ist, daß die Nässe durchdringt, und daß, wenn
das dermalige Schindeldach nicht bald durch ein besseres
ersetzt wird, das ganze Gebäude in einigen Jahren bedeuten
den Schaden leiden muss.“391
Dem Text ist ein Kupferstich mit einer Ansicht der Kapelle
von Lorenz Neumeyer beigefügt.
Auch Ziska erwähnt in seinem 1836 publizierten Werk
Kunst und Alterthum in dem österreichischen Kaiserstaate,
dass die heilige Dreikönigskapelle, „[…] ein altdeutscher
Rundbau ältesten Styles, […] nun aber leider zu einem
Magazin verwendet
wird.“3921846
erschien eine mit zahlreichen Abbildungen
verse-hene,
umfangreiche Studie mittelalterlicher Architektur
im Erzherzogtum Österreich von Leopold Ernst und
Leo-pold
Oescher.393
„Dieser Mangel an Darstellungen, besondere Vorliebe zur
deutschen Baukunst und wahrer Patriotismus veranlaßte uns
zur Herausgabe mittelalterlicher Baudenkmale im Erzherzog
tum Oesterreich zu schreiten
[…]“394,heißt
es im Vorwort. Der Dreikönigskapelle in Tulln ist in
dem Werk eine umfassende Schilderung gewidmet, die
durch unterschiedliche Ansichten und Zeichnungen
architektonischer Details ergänzt wird. (Abb.
145)„Unter
den mittelalterlichen Bauwerken des 12. Jahrhunderts
im Erzherzogthum Österreich nehmen die freistehenden
Begräbniß Kapellen, in Betreff der größtentheils gut erhal
tenen Details, so wie in dem, daß dieselben von Verunstal 390 Sickingen (1835) p.
170.391
Ebd. p. 170. Umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen fanden
erst 1873
statt.392
Ziska (1836) p. 87. Das Gebäude wurde ab 1797 als Lager des
k. u. k. Salzamtes, später als Militärlager verwendet.
393 Leopold Oescher (1804 – 1849) war Architekt und Ehrenmitglied
der Akademie der bildenden Künste in
Wien.394
Ernst; Oescher (1846) p.
3.395
Oescher (1846), Erklärung der im vierten Hefte enthaltenen Gegen
stände, Einleitung.
Abb. 145: Die Dreikönigskapelle in Tulln; Bildquelle: Oescher (1846).
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306