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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 145 -
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145 Das Porträt Rudolfs von Habsburg im Stichkappen-Bildfeld des Marmorsaales zeigt in Gesichtszügen und Haartracht große Übereinstimmungen mit der mittelal-terlichen Darstellung des Königs im Speyrer Dom, aller-dings wirkt Rudolf in Kupelwiesers Porträt deutlich jün-ger. Wie auf dem Relief der Grabplatte hält Rudolf in einer Hand den Reichsapfel507, während er in Knoderers Kopie nach der Grabplatte statt des Reichsapfels ein Deckelgefäß trägt. Kupelwieser bezieht sich also sowohl in der Form der Krone als auch dem beigefügten Attribut auf die Speyrer Grabplatte und nicht auf die Kopie Kno-derers in der kaiserlichen Gemäldesammlung.Zwei verschiedene Abbildungen der Grabplatte fin-den sich in Alois Primissers Prachtband Der Stammbaum des allerdurchlauchtigsten Hauses Habsburg­ Oesterreich […], nach dem in der k. k. Ambraser­ Sammlung befindlichen […] Originalgemählde, der 1821 in Wien erschien.508 Wie aus dem Nachlass Kupelwiesers hervorgeht, befand sich eine Ausgabe dieses Werks in Kupelwiesers Besitz.509 Zu der Grabplatte beschreibt Primisser erst die Kopie von Knoderer, danach eine zeitgenössische Wiedergabe der Steinfigur durch Laborde, die beide auf der lithographi-schen Tafel Nr. 56 abgebildet sind. Er erwähnt die starke Beschädigung der Grabplatte und die geplanten Restau-rierungsmaßnahmen und gibt schließlich eine anekdo-tische Erzählung wieder, in der die Authentizität des Abbildes Rudolfs ihre Bestätigung findet. Darstellungen Ludwigs des Heiligen. Schon Knoderer war bemüht, die Platten der Reichskrone des Hl. Römischen Reichs wiederzugeben, so dass die Krone verhältnismäßig hoch ist, die Lilienornamentik verweist jedoch auf den Typ der königlichen Reifenkrone. Durch Restaurierungsarbeiten an der Grabplatte im frühen 19. Jahrhundert wurde die Krone stark verändert, um sie – in stilisierter Form – bewusst der Reichskrone anzu gleichen.500 Es entstand dadurch eine Plattenkrone ohne Lilienornamentik, allerdings unterscheiden sich die einzelnen eckigen Platten in ihrer Form deutlich von denen der Reichskrone. Diesen nicht historischen Kronen- Typus nahm Kupelwieser in seinem Rudolf-Porträt auf.501Zusätzlich scheint hier auch das Motiv der Reichs-krone auf, die der Genius links von Rudolf emporhält. Im dritten Programmentwurf wird diese als deutsche Kaiser-krone bezeichnet; hier betont sie dementsprechend Rang und Bedeutung Rudolfs als erster Kaiser des Hl. Römi-schen Reichs aus dem Geschlecht der Habsburger.502 Rudolf I. blieb jedoch römisch(-deutscher) König, da sein Vorhaben, sich in Rom vom Papst zum Kaiser krönen zu lassen, zweimal durch das plötzliche Ableben der Päpste Nikolaus III. und Honorius IV. fehlschlug.503 In der Lite-ratur des 19. Jahrhunderts ist aber fast immer von „Kai-ser“ Rudolf die Rede.504 Kupelwieser selbst schreibt im zweiten Programmentwurf: „[…] der Kaiser sitzt auf dem Platze vor dem Rathause in Augsburg […].“505 Auch im Erläuterungstext zu der Stichfolge wird Rudolf I. stets als Kaiser bezeichnet.506 499 Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiser­ hauses 11, 1894, Reg. Nr. 905.500 Zum Gemälde Knoderers und der Veränderung der Grabplatte im Zuge der Restaurierungsarbeiten des 19. Jahrhunderts vgl.: Zotz (2005) p. 35f. Nach Schramm wurden im Zuge der Restau-rierung auch beide Hände, die von der rechten gehaltene Partie des Zepters und der Reichsapfel in der Linken, Nase, Mund und Kinn der Königs ergänzt. Vgl.: Schramm; Fillitz; Mütherich (1978) 2. Bd., p. 50. 501 In Hormayrs Geschichtswerk Wien, seine Geschicke und Denkwür­ digkeiten findet sich ein Stich von Peter Fendi nach der Speyrer Grabplatte, dabei trägt Rudolf II. wie auf der mittelalterlichen Grabplatte den Reichsapfel, während es sich bei der Krone wie in der Kopie Knoderers um eine Reifenkrone mit Lilienornamentik handelt. Vgl.: Hormayr (1823 – 1825), 3. Bd., 1. und 2. Heft, p. 111.502 Die Reichskrone des Hl. Römischen Reichs repräsentiert nicht notwendigerweise das römisch(-deutsche) Kaisertum, auch römisch(-deutsche) Könige wurden mit der Reichskrone gekrönt. Die Reichskrone befand sich ab Rudolfs Krönung zum römisch (-deutschen) König (1273) in seinem Stammsitz, der Veste Kyburg. Vgl.: Staats (2006) p. 25. Seit dem Hochmittelalter wurde mit der Wahl zum römisch(-deutschen) König auch der Anspruch auf die Erhebung zum Kaiser verbunden, jedoch konnte dieser Anspruch nicht immer durchgesetzt werden. Die Krönung zum Kaiser des Hl. Römischen Reichs war bis zum Beginn der frühen Neuzeit fast ohne Ausnahme mit einem Zug nach Rom verbun-den. Der Königstitel legitimierte nicht zur Herrschaft über die außerdeutschen Reichsteile, nur mit dem Kaisertitel war der Machtanspruch für das ganze Reich bzw. universaler Machtan-spruch verbunden. In der Geschichtsschreibung des 19. Jahr-hunderts wurde offenbar die Königskrönung Rudolfs mit seiner Krönung zum Kaiser als gleichzeitig angenommen; der für die Kaiserkrönung notwendige Zug nach Rom wird in keinem der untersuchten Geschichtswerke erwähnt. Möglicherweise wurde schon die Zustimmung des Papstes zur Königswahl Rudolfs als Anspruch Rudolfs auf den Kaisertitel gewertet: „Der Bischof von Basel [der Rudolf I. als römisch­ deutschen König vorschlägt, Anm.] war übrigens auch so klug, um einzusehen, daß die Wahl Rudolfs eine solche war, welche mit dem Papste entweder geradezu verabredet worden oder dieselbe doch ganz gewiß gut heißen würde.“ (Ziegler 1843 – 1849, 1. Bd., Text zu Bild Nr. 83). Der Papst spielte bei der Wahl zum römisch(-deutschen) König keine Rolle. Hinweise auf die Widersprüchlichkeit der Titulierung Rudolfs konnten in keinem der untersuchten zeitgenössischen Geschichtswerke gefunden werden. 503 Vgl. dazu: Petrin (1996) p. 550, Anm. 44.504 Schon Dante spricht in seiner göttlichen Komödie von „Kaiser“ Rudolf.505 Programmentwurf II, siehe Anhang. 506 Erläuterungstext zur Stichfolge (1851): Albrecht I. von Oesterreich empfängt zu Augsburg von Kaiser Rudof I. (1287) die Lehen […] bzw.: Portrait Kaiser Rudolf I. 507 Vgl. Schramm; Fillitz; Mütherich (1978) 2. Bd., p. 50.508 Primisser (1821) Tafel 56, fig. I und II: Grabplatte Rudolfs im Dom zu Speyer.509 Feuchtmüller (1970) p. 213.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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