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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 171 -
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171 von Carolsfeld schon im September 1842 den Zyklus offi-ziell beendete, war er noch bis weit in das Jahr 1844 hin-ein mit Ausbesserungsarbeiten beschäftigt.576 Tatsächlich sollte weniger die Technik der Enkaustik selbst zukunftsweisend sein, sondern die grundsätzliche Aufgeschlossenheit nicht-freskalen Wandmalerei-Techni-ken gegenüber, die sie letztendlich bewirkte und die sich in zahlreichen weiteren Erfindungen auf dem Gebiet der Wandmalerei-Technik fortsetzte. Gleichzeitig mit der Erweiterung des Spektrums an technischen und künstle-rischen Möglichkeiten sollte auch das Stilpostulat der Nazarener obsolet werden: Die Farbe erhielt nun ihren eigenen Wert, und die Bindung an die Linie als Ausdruck-sträger trat in den Hintergrund. Droste stellt fest, dass die Wende vom Fresko zur Secco-Malerei auch die Aufgabe des nazarenischen Stilideals bedeutete.577 1845 publizierte Friedrich Knirim sein Verfahren der Balsam-Wachs-Malerei, die er für eine adäquate Nachah-mung der antiken Feigenmilch-Eigelb-Malerei hielt und die später zur Harzmalerei weiterentwickelt wurde.578 Während Enkaustik und Balsam-Wachs-Malerei noch die Rückversicherung auf historische und mit frühen Quellen belegbare Techniken erlaubten, sollte die weitere Entwicklung auf dem Gebiet der Wandmalerei-Technik eine rein zweckgebundene Forschung sein. Um 1817 gelang es dem Chemiker und Mineralogen Johann Nepo-muk Fuchs erstmals, Kalium- und Natronwasserglas her-zustellen. Aufgrund seiner Beständigkeit gegenüber Säu-ren, Laugen und Feuchtigkeit wertete er es als ideales Bindemittel für die Wandmalerei und bezeichnete das neue System als Stereochromie579, eine Wortschöpfung, die sich aus dem griechischen stereos – fest, und chromos – Farbe zusammensetzt. Schon im Namen ist hier der Anspruch auf Dauerhaftigkeit festgelegt. Die ersten Anwendungsversuche waren zunächst nicht erfolgreich, da das Wasserglas die Pinsel verklumpte. Joseph Schlotthauer, der seit 1819 enger Mitarbeiter von Cornelius war und bei der Ausführung der Glyptothek-Fresken mitwirkte, entschied nach seiner Reise nach Pom-peji 1844, wo er sich intensiv dem Studium pompejani-scher Wandmalereien widmete, Maltechniker zu werden. Zurück in Deutschland, baute er sein Atelier in München zu einem Chemielaboratorium für Wandmalerei-Techni-ken aus und entwickelte um 1846 eine Methode, bei der die Pigmente nur mit Wasser angemischt und erst durch Für die lange Haltbarkeit der Enkaustik bürgten schon die Funde von Herculaneum und Pompej, die bereits 1831 von den Malern Joseph Schlotthauer, Johann Georg Hil-tensperger und Hermann Anschütz auf Geheiß König Ludwigs I. von Bayern vor Ort untersucht worden waren. Hier zeichnet sich bereits der Wunsch nach Dauer-haftigkeit ab, einer Eigenschaft, die zunächst ausschließ-lich am Fresko festgemacht worden war und in der Folge sowohl auf andere Maltechniken übertragen als auch weiterhin dem Fresko zugesprochen wurde: „Die Idee des Vollkommenen ist mit derjenigen der Dauer­ haftigkeit verbunden. So ist die Freske nicht darum, weil sie die schwierigste und kostspieligste Art ist, sondern vielmehr, weil sie die meiste Garantie der Dauerhaftigkeit bietet, die vollendetste Gattung der Malerei, ihr monumentaler Zweig“573, urteilt Ormos in seiner Cornelius-Biographie noch 1866. Der Wert der Dauerhaftigkeit ehrt nicht nur den ausfüh-renden Künstler, sondern verleiht auch dem Kunstwerk eine Aura, die es überhöht; Zeitlosigkeit wird in religiöser Analogie zur Heiligkeit.574 Nicht nur ihre Dauerhaftigkeit, sondern auch die große Farbpalette und die einfache Handhabung ließen die Enkaustik der Freskotechnik überlegen erscheinen. „Der Maler ist nicht, wie beim Fresco, an eine gewisse Zeit gebunden; ganz nach dem Ermessen des Künstlers gestattet dieses Verfahren eine flüchtige Untertuschung oder farbige Untermalung des Werkes und zu dessen weiterer Ausführung jede Art von Uebermalung, Lasur und beliebiger Nachbesse­ rung, sowie jede Steigerung von Farbe, Licht und Schatten […] Dazu ist die Farbenscala reicher als beim Fresco […]. Nach vollendeter Ausführung wird das Bild durch eine beson­ dere Vorrichtung […] eingeschmolzen, wodurch die Farben noch inniger mit dem Grunde verbunden und gegen schäd­ liche Einflüsse aller Art geschützt werden. Dadurch erhält das Colorit eine neue Kraft und Schönheit, wie nur die Oel­ malerei, niemals aber das Fresko darbieten kann, zugleich aber auch eine Helligkeit, wie sie kaum durch die letztge­ nannte Technik überboten wird.“575Die Handhabung der Enkaustik war in der Praxis den-noch mit hohem technischen Aufwand verbunden, und in der Umsetzung kam es zu zahlreichen Schwierigkeiten. So mussten die fertigen Bilder dreimal hintereinander mit Wachs überzogen werden, mittels eines pfannenarti-gen Öfchens eingebrannt und nach drei Tagen mit einem weichen Lappen abgerieben werden. Durch Feuchtigkeit im Malgrund kam es bei den Wandmalereien in der Münchner Residenz zu Problemen mit der Haftung der Malschicht, und es musste immer wieder nachgebessert und von Neuem eingebrannt werden. Obwohl Schnorr 573 Ormos (1866) p. 62.574 Schlaffer (1975) p. 60. 575 Allgemeine deutsche Biographie, 6. Bd., Leipzig 1877, p. 713.576 Seeliger (1999) p. 18.577 Droste (1980) p. 56.578 Knirim (1845). 579 Vgl. auch: Schiessl (1985) p. 158 – 171; Christ (1994) p. 25 – 78.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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