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176 Körner, Heinrich Joseph von Collins Landwehr
Lieder, sein
Babenberger-Zyklus, Kaiser Maximilian I. auf der Martins
wand, das Drama Der Tod Friedrich des Streitbaren seines
Bruders Matthäus von Collin, Albrechts Belehnung mit
Oesterreich von Johann Ladislaus Pyrker oder Pichlers
Niklas, Graf von Salm; Heinrich Joseph von Collin fand in
Hormayrs Werk Anregung zu seiner
Ladislaus-Posthumus-Trilogie
und zur Rudolphiade – um nur einige Beispiele
zu nennen. Horaceks600 Untersuchungen zeigen, wie
anhaltend Hormayrs Archiv Grillparzers dramatisches
Schaffen auch in Bezug auf König Ottokars Glück und Ende
prägte.
Die wechselseitige Befruchtung der Künste zeigt sich
auch in jenem ehrgeizig konzipierten Projekt, in dem
Erzherzog Johann
„24 classische Geschichtsmomente aus dem Österreichi
schen Plutarch durch einen Kranz hoffnungsfroher Künstler,
teils für sein reich ausgestattetes Portefeuille, teils für Wand
und Decke seines romantischen Landsitzes in Thernberg“601
ausführen lassen wollte. Anton Petter schuf dafür sein
Gemälde Die bräutliche Zusammenkunft Maxens und
Mariens von Burgund, welches wiederum Caroline Pichler
zu zwei Sonetten anregte, die ebenfalls in Hormayrs Archiv
veröffentlicht wurden. Ladislaus Pyrkers Heldenepos
Rudolphias wiederum inspirierte Joseph Danhauser zu
drei Gemälden, die Szenen aus dem Epos darstellen.602
Ein weiteres Beispiel für gegenseitige Impulse ist
Schillers Rudolf-Ballade, die Hormayr 1806 publizierte
und zu der Krafft noch im selben Jahr sein Gemälde Der
Graf von Habsburg und der Priester malte, dessen Sujet
sich in weiterer Folge zu einem der beliebtesten der
vater-ländischen
Malerei entwickeln
sollte.Hormayr
pflegte engen Kontakt zu den
Kammer-malern
Erzherzog Johanns, zu denen u.a. Peter Krafft,
Aegidius Tschudi überlieferte Legende aufnahm und den
Blick vom Ende des Reiches auf seinen Beginn lenkte.597
Rudolf, der nach drei kaiserlosen Jahrzehnten die
Reichs-ordnung
wiederherstellte, legitimierte durch seine
demü-tige
Verehrung der hl. Eucharistie den
Herrschaftsan-spruch
der Habsburger, deren Pietas Austriaca seit der
Gegenreformation als herausragende Herrschertugend
galt. Nach der Auflösung des Hl. Römischen Reiches
unter dem Druck Napoleons 1806 diente der Stoff in
konservativen Kreisen als Propaganda für die
Wiederer-richtung
des alten Reiches unter der Führung
Öster-reichs,
die ihren Höhepunkt während des Wiener
Kon-gresses
erfuhr, als Freiherr von Stein Franz von Österreich
die Kaiserkrone antrug. Der Nazarener Heinrich Olivier
formulierte diese Sehnsüchte in seinem Gemälde Der
Graf von Habsburg und der Priester, in dem über Rudolf
ein Engel mit den Reichsinsignien des Hl. Römischen
Reiches schwebt. Das alte Reich sollte freilich nicht mehr
wieder auferstehen, und die aus vielen Nationen
beste-hende
österreichische Monarchie musste im Übergang
zwischen der Auflösung der alten Strukturen und dem
gerade gegründeten selbständigen Staatsgebilde zu einer
neuen eigenen Identität finden.
Erzherzog Johann erkannte als einer der Ersten am
Wiener Hof, wie wichtig die Erweckung eines
National-gefühls
in der Bevölkerung war, um aus dieser Gesinnung
heraus der napoleonischen Expansion Einhalt zu
gebie-ten.
Die Kunst begriff er dabei als das geeignetste Medium
zur Verbreitung patriotischen Gedankenguts, und auf
seine Anregung hin begann der junge Tiroler Historiker
Joseph Freiherr von Hormayr, den Künstlern Stoffe zur
Gestaltung der vaterländischen Geschichte zu liefern.598
„Ist denn des österreichischen Kaiserstaats Geschichte ärmer
an herzerhebenden oder hochtragischen Stoffen für Drama
turgie, Ballade, Legende, Roman und bildende Kunst, als die
des Altertums oder eines fremden
Mittelalters?“599,fragt
Hormayr und zählt dabei gleich die Kunstgattungen
auf, die im groß angelegten Plan zur Erziehung des Volkes
durch vaterländische Geschichtsschreibung ihren
Bei-trag
leisten sollen.
Schon bald wurde Hormayr in den Salon der
Schrift-stellerin
Caroline Pichler, den Mittelpunkt des
literari-schen
Lebens in Wien, eingeführt. Hier verkehrten
His-toriker
und Dichter wie Franz Grillparzer, Joseph Freiherr
von Hammer-Purgstall, Nicolaus Lenau, Friedrich
Schle-gel,
Theodor Körner, die Brüder Heinrich Joseph und
Matthäus von Collin und Johann Ladislaus Pyrker. Dieser
Kreis bot ein ideales Forum für Hormayrs Bestreben,
Stoffe der vaterländischen Geschichte der dramatischen
Gestaltung zuzuführen. Es entstanden zahlreiche Werke
historischen Inhalts wie das Drama Zriny von Theodor 597 Zu literarischen und historischen Quellen der Rudolfs-Legende
und ihren Darstellungen durch die Nazarener vgl.: Fastert (2000)
p. 43 –
106.598
Der Österreichische Plutarch von Joseph Freiherr von Hormayr
erschien in Wien ab 1807, sein Taschenbuch der vaterländischen
Geschichte ab 1811 und das Archiv für Geographie, Historie, Staats
und Kriegskunst 1810 – 1830 in 21 Bänden ebenfalls in Wien.
Letz-teres
wird in der Folge als Archiv bezeichnet.
599 Hormayr (1810 – 1830), 8. Jg. (1817) p.
399.600
Horacek (1942).
601 Hormayr (1810 – 1830), 12. Jg. (1821) p. 215. Erzherzog Johann
erwarb Thernberg
1807.602
1825 entstanden die drei Gemälde Rudolf von Habsburg und der
Einsiedler in der Kapelle von Lilienfeld, Wallenstein ersticht sich
im Zelte Ottokars und Ottokar erklärt Rudolf auf dem Turnierplatz
mitten im Sturm den Krieg. Ladislaus Pyrker, von 1812 – 1818 Abt
des Stiftes Lilienfeld und ab 1821 Patriarch von Venedig, lud
Joseph Danhauser 1826 nach Venedig ein, wo dieser die Werke
italienischer Meister studieren konnte.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306