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180 Metternich unter Bezeugung seiner vollsten
Unterstüt-zung
dem Rat vorgelegt wurde. 1830 trat der sogenannte
ältere Kunstverein ins Leben, der auch regelmäßig bei
den akademischen Ausstellungen Kunstwerke ankaufte
und teilweise eigene Ausstellungen veranstaltete.622 Zwar
fand Kunst in dieser Form weitere Verbreitung und
unter-stützte
den Autonomisierungsprozess der Künstler, die
Förderung von monumentaler Kunst im öffentlichen
Bereich, wie sie zumindest in den Statuten des
rheini-schen
und badischen Kunstvereins festgelegt war, war in
Wien allerdings nicht gegeben.
Die erste Ausstellung, die in Wien auf Privatinitiative
organisiert wurde, war eine 1846 von Rudolf Eitelberger,
Joseph Daniel Böhm und dem Verlag Artaria initiierte
Schau historischer Gemälde.623 Die Aktualität der
Frage-stellung
von öffentlicher (Historien)Kunst und der Rolle
des Staates in diesem Zusammenhang zeigt ein Vortrag
an der Akademie der bildenden Künste im Rahmen einer
General-Versammlung im Jahr 1844. Darin wurde
disku-tiert,
wie die Bildhauerei und Historienmalerei durch
öffentliche Aufträge zu beleben seien,
„[…] wo es nicht an fähigen ausgezeichneten Künstlern,
sondern nur an Anlässen zu grössern Kunstleistungen
gebricht. […] Wenn jährlich für jede Provinz nur ein würdi
ges Werk der Bildhauerei und eines der Malerei bei ausge
zeichneten vaterländischen Künstlern bestellt würde, um
allmählig [sic!] kunstlose Werke des Meissels und der Palette
aus den Tempeln Gottes zu entfernen, dann würden diese
Künste wieder emporblühen, mit ihnen der höhere Kunstsinn
sich wieder verbreiten, und mit dieser Verbreitung der
Unglaube an dem Dasein ausgezeichneter Künstler in diesen
Hauptkunst
fächern verschwinden, und in Folge dessen auch
die Tendenz nach anderen Werken der vaterländischen
Geschichte den Meissel, den Erzguss und die Palette, wie es
biedermeierliche Realismus der Gemälde war nur in der
Technik der Wachsmalerei möglich, die Krafft
möglicher-weise
in seiner Studienzeit in Paris kennengelernt
hatte.620 Die besondere Haltbarkeit, die man dieser
Mal-technik
zuschrieb, steht zusammen mit der Idee der
Ein-heit
von Malerei und Gebäude bereits unter den
Vor-zeichen
des beginnenden Denkmalpflege-Diskurses. Bis
auf ihren Anspruch auf Dauerhaftigkeit und ihre Größe
entsprechen Kraffts Bilder aber weder inhaltlich, noch
formal oder technisch den Forderungen, die von den
Nazarenern an die Gattung der öffentlichen Wandmalerei
gestellt worden waren, und wirken trotz ihrer
Monumen-talität
in ihrer heiteren Atmosphäre privat und
unge-zwungen.
Abseits der staatlichen und höfischen Auftraggeber
for-mierten
sich in Wien zugleich auch bürgerliche
Initiati-ven
zur Unterstützung der öffentlichen Kunst nach dem
Vorbild deutscher Kunstvereine.621 Kunstvereine stellten
eine spezifische Form der Kunstförderung durch das im
Aufstieg begriffene Bürgertum dar. Die meisten
Kunst-vereine
waren als Aktiengesellschaften oder Losvereine
registriert; ihre Mitglieder kauften Lose, womit das
Kapi-tal
zum Kauf von Kunstwerken lukriert wurde, die
wiede-rum
in einem Losverfahren auf die Mitglieder verteilt
wurden. Das System des Losverfahrens zielte darauf ab,
dem Bürgertum eine Partizipation am Kunstmarkt zu
ermöglichen, dessen hohe Preise dies zunächst dem Adel
vorbehalten hatte. Für die Künstler war das System, das
die Beziehung zwischen Auftraggeber und Künstler
ano-nymisierte,
zunächst ungewohnt und wenig ehrenvoll.
Der Versuch, die Kunst in die bürgerliche Privatsphäre zu
transferieren, führte dazu, dass die Künstler in einer Zeit,
in der an den Akademien das monumentale
Historien-bild
höchste Anerkennung fand, immer kleinere Formate
abliefern mussten, denn je kleiner das Format war, desto
mehr Bilder konnte der Verein ankaufen.
Nichtsdesto-trotz
sicherte dieses System aber vielen Künstlern ein
Einkommen zu einer Zeit, in der sie nach dem
Nieder-gang
des traditionellen höfischen bzw. kirchlichen
Mäze-natentums
in eine unsichere Freiheit entlassen worden
waren. Die Praxis der Kunstvereine ermöglichte es der
Kunst, als Tauschwert gehandelt zu werden, indem sie
das Bedürfnis nach Besitz befriedigte, sie konnte aber
auch der Kunst selbst dienen, indem sie auf dem
Kunst-markt
intervenierte und noch nicht markterprobte Kunst
förderte.
Bereits 1822 hatte der Rektor der Architektur-Schule
an der Akademie, Peter Nobile, einen detailliert
ausgear-beiteten
Plan für die Gründung eines Kunstvereins
ein-gereicht,
der nach dem oben beschriebenen System
kon-zipiert
war und 1829 in leicht modifizierter Form von 620 In Frankreich beschäftigten sich schon um die Mitte des 18.
Jahrhunderts Graf Caylus, Bachelier und Majault mit der
Wachs-malerei,
zahlreiche weitere Versuche folgten. In Wien wurde erst
1830 vom Lederermeister Johann König das sogenannte
„puni-sche
eliodorische Wachs zum Gebrauche in der Enkaustik“
erzeugt: Keeß; Blumenbach (1829 – 1830) 2. Bd., p.
752.621
Als ältester deutscher Kunstverein wurde die Albrecht Dürer
Gesell
schaft gegründet (1792), 1818 der badische Kunstverein in
Karls-ruhe,
1822 der Kunstverein Hamburg und 1829, auf Initiative von
Cornelius, der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. In den
Statuten war die Förderung von Kunst im öffentlichen Bereich
und die Erhaltung alter Kunstdenkmale festgelegt. Siehe dazu:
Behnke (2001) p. 11 – 21. In Österreich wurde nach dem Verein zu
Beförderung der bildenden Künste 1835 der Kunstverein für Böhmen
gegründet, vgl.: Novontny (1935); 1844 der Salzburger Kunstverein
und 1851 der Oberösterreichische Kunstverein, vgl.: Oberösterreichi
sche Heimatblätter, Heft 3/4, 35. Jg., 1985, p. 254.
622 Vgl.: Wagner (1967), p. 93. 1832 wurde der ältere Kunstverein vom
Verein zur Beförderung der bildenden Künste
abgelöst.623
Eitelberger (1879) 1. Bd., p. 211.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306