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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 184 -
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184 des Bildes ist einfach und klar, die Anordnung verständig, die Figuren kräftig und schön modellirt, der Ausdruck bestimmt und bedeutend, der Vortrag schön und elegant. Das Bild ist al Fresco gemalt und mit Temperafarben retouchirt, wodurch ein frisches, klares und harmonisches Colorit sich heraus­ stellte, das selbst die zartesten Tonübergänge in der Carna­ tion auf seltene Weise gelungen aufweist. Es wird wenig neue Freskobilder geben, an denen eine so schöne Färbung zu rüh­ men wäre. Kupelwieser scheint auf einem erfreulichen Wen­ depunkte zu stehen, von dem noch viel Gesundes und Treff­ liches zu erwarten steht. Es wäre im Interesse unserer Kunst zu wünschen, daß er für ein öffentliches Gebäude Freskoma­ lereien aus der Profangeschichte auszuführen beauftragt würde; denn das besprochene Freskobild scheint dazu einen Übergang herauszustellen und den Beweis zu liefern, daß er einer solchen Aufgabe vollkommen gewachsen und im Stande wäre, die Wiener Kunst in der monumentalen Malerei auf ehrenvolle Weise vor dem Auslande zu vertreten.“633 Interessanterweise werden hier gerade stilistische Merk-male wie die realistische Interpretation der Figuren, die sorgfältige Modellierung in zarten Farbübergängen und das harmonische Kolorit lobend erwähnt, die der naza-renischen Bildnorm in formaler und technischer Hin-sicht nicht entsprechen. „Vor allem bleibt er ein Maler, der von der Farbe aus zu gestalten weiß und nicht nur die auf dem Karton vorgezeich­ nete Komposition koloriert […]“634, bemerkt Feuchtmüller. Kupelwiesers malerische Grund-auffassung in Verbindung mit seiner technischen Fertig-keit auf dem Gebiet der Freskomalerei prädestinierte ihn nach der Meinung des Rezensenten der Sonntagsblätter für die Ausführung eines großen, profanen Freskenzyklus. Ob diese Forderung zufällig zu diesem Zeitpunkt gestellt wurde oder ob sich der Auftrag für die Ausstattung des Statthalterei-Gebäudes bereits abzeichnete, kann nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden. Jedenfalls begann sich Kupelwieser bereits 1847 mit dem Programm und einzelnen Kompositionen für den Zyklus zu beschäftigen. Im selben Jahr dürfte ein ähnlicher Auftrag von den oberösterreichischen Ständen an Moritz von Schwind ergangen sein. Auf Initiative Anton Ritter von Spauns635 sollte Schwind den sogenannten Steinernen Saal im Linzer Ständehaus mit Freskogemälden schmücken. Am 25. Februar schrieb Schwind an seinen Freund Eduard von Bauernfeld: die Prunkgemächer wurden höchstens mit Tapeten oder mit Seidenstoffen ausgeziert und die Frescomalerei starb aus. Erst in der neueren Zeit wurde man, und zwar durch die historischen Ereignisse, dahin geführt, das Geschehene mit­ telst bildlicher Darstellungen für die Nachwelt zu fesseln, und so entstanden Peter Krafft’s große Schlachtenbilder von Leipzig und Aspern in dem Saale des Invalidenhauses, so auch seine drei großen Wandgemälde in dem Saale der kai­ serlichen Burg […] Indessen wurde mannichfach gefühlt und nicht selten erörtert, daß es notwendig wäre, eine ganze Reihe von Gemälden in das Leben zu rufen, in denen wenigs­ tens die hervorragendsten Momente der Vaterlandsge­ schichte dargestellt wären. Als 1846 das neue Statthalterei­ Gebäude errichtet wurde, kam diese Idee neuerdings zur Sprache und fand, da man darauf antrug, die Decke des Sitzung­ Saales mit solchen Bildern zu schmücken, so großen Beifall, daß Kupelwieser (1847) den Auftrag erhielt, die Ent­ würfe zu den Gemälden zu machen, welche er dann binnen zwei Jahren (1848 – 1850) auf nassem Kalk ausführte. […] Indessen löste der Künstler seine Aufgabe in höchst ach­ tungswerther Weise und zeigte, daß er in der Frescomalerei ein tüchtiger Künstler sei, der in dieser Beziehung wohl mit allen seinen Zeitgenossen in die Schranken treten kann.“632 1844 gestaltete Kupelwieser schließlich in seinem bereits erwähnten ersten monumentalen Freskenzyklus in der Johann-Nepomuk-Kirche das gesamte Presbyterium, die Seitenwände und die Altarwand in stark lokalfarbigen Kompositionen, deren ornamentale Rahmen die bildhafte Wirkung noch verstärken. In dem beziehungsreichen, von Symbolen und Symmetrien geprägten Programm und der an der Renaissancemalerei orientierten Komposition des Altargemäldes sind noch deutliche Einflüsse der nazare-nischen Bildtradition auszumachen, zugleich entfernte sich Kupelwieser mit der weichen Modellierung und der malerischen Auffassung der Figuren stilistisch von dem harten, linienbetonten Stil der frühen Nazarener. Auch in seinem zweiten großen Fresko, Das letzte Gericht in der Friedhofskapelle in Klosterneuburg, das Leopold Kupelwieser 1847 wiederum im Auftrag der Kir-che ausführte, entwickelte er seinen mehr dem Realismus zugehörigen Stil weiter, was von der Kritik äußerst positiv aufgenommen wurde. In Frankls Sonntagsblättern findet sich folgender Kommentar: „Kupelwieser, dessen erste Freskomalereien in der Johannes­ kirche, besonders die vier Kirchenväter, schon alle Kunst­ freunde durch die glänzende Technik überraschen mussten, hat in diesem zweiten Freskobild in jeder Beziehung noch einen bedeutenderen Fortschritt gemacht. Er hat sich durch dieses Werk kräftig losgesagt vom conventionellen Typismus, insoweit es mit seiner Richtung und dem Stoffe vereinbar ist, und sich einem edlen Realismus zugewendet. Die Conception 632 Perger (1854) p. 347ff.633 Sonntagsblätter (Hrsg. Ludwig August Frankl), 25. April 1847, p. 71.634 Feuchtmüller (1970) p. 130.635 Anton Ritter von Spaun (1790 – 1849), ab 1821 Stadt- und Land-rat, ab 1839 Syndikus der Oberösterreichischen Stände. Vgl.: Jungmair (1973) p. 9 – 24.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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