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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 186 -
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186 Porträt des Patri archen begonnen haben, wie er in einem Brief vom 30. Jän ner 1824 an Johanna Lutz erwähnt. Das Gemälde ist im Katalog der Nachlassausstellung als unvoll-endet vermerkt.647 Trotz seiner zahlreichen Kontakte zu Künstlern und Histo rikern, die sich in ihren Werken intensiv mit der vaterländischen Geschichte auseinandersetzten, hatte Kupelwieser vor seinem Auftrag für den Freskenzyklus im Statthalterei-Gebäude kaum Gemälde historischen Inhalts geschaffen. Ausnahmen bilden mehrere Entwürfe für die Gründungslegende von Klosterneuburg648 von 1835 und sein Aquarell Rudolf I. ergreift nach seiner Krönung das Kruzifix statt des Zepters649 von 1838. Durch seine im Vorangegangenen dargestellten vielfältigen Beziehungen war ihm das Stoffgebiet jedoch sicherlich vertraut. Der von ihm vorgeschlagene Programmentwurf wurde nach einigen Änderungen angenommen und schon im März 1848 konnte Kupelwieser mit der Arbeit beginnen. Magdalena Droste beschreibt in ihrer Arbeit, wie sich vor allem in München das von den Nazarenern angestrebte, mittelalterliche Meister-Schüler-Verhältnis bei großen Projekten unter dem Druck des Auftraggebers König Lud-wig I. zu einem effizienten, arbeitsteilig strukturierten Unternehmen wandelte und die Maler zusehends nur mehr Kartons oder Kompositionsentwürfe lieferten und die Ausführung ihren Schülern überlassen mussten – eine für die Künstler sehr unbefriedigende Situation. „Ich kann das unmöglich mehr aushalten. Ich soll Gedanken haben und ein anderer soll sie ausführen. Zu so einer Narr­ heit kann ich mich nicht mehr herbeilassen […]“650, schrieb Moritz von Schwind während seiner Arbeit in Hohenschwangau, und schon 1828 bemerkte er über die Organisation bei Freskoprojekten in München: „Ich habe mich aber des Gedankens der Fabriksmäßigkeit nicht enthalten können.“651 Zahlreiche Skizzen644 und Aquarelle von Landschaften und deren Bewohnern in ihrer traditionellen Tracht, die Kupelwieser in seinen frühen Jahren in Salzburg oder auf seiner Italienreise anfertigte, zeigen jedoch deutlich den Einfluss des Forschungsinteresses Erzherzog Johanns, der die landschaftlichen Gegebenheiten der Steiermark und die Bräuche, Trachten und Lebensweise seiner Bevölke-rung in einem groß angelegten Unter nehmen dokumen-tieren wollte und dazu seine Kammermaler, besonders Carl Ruß, mit Studien und Aquarellen beauftragte. Unter den vielen für das Mittelalter in romantischer Weise Begeisterten, die sich damals im Schloss Raitz bei Brünn des Grafen Hugo Salm-Reifferscheidt trafen, der unter anderem das Mährische Landesmuseum mitbegründet hatte, war auch Leopold Kupelwieser. Joseph Hormayr verkehrte dort ebenso wie Josef Helfert, der sich schon sehr früh mit den Denkmälern des Mittelalters beschäf-tigte und 1823 sein Werk Von der Erbauung, Erhaltung und Herstellung kirchlicher Gebäude verfasste, mit dem er einen wichtigen Beitrag am Beginn der Ent wicklung der Denk-malpflege leistete. Kupelwiesers Inter esse an mittelalter-lichen Baudenkmälern spiegelt sich auch in seinen Skiz-zenbüchern, in denen sich zahlreiche Detailstudien romanischer und gotischer Architektur befinden, die er auf seinen Reisen nach Klosterneuburg, Salzburg, nach Süddeutschland und auch in Wien an fertigte.Nach seiner Rückkehr aus Italien lernte Kupelwieser im Haus Bruchmann Joseph von Führich kennen, mit dem er im Künstlerkreis um den Historienmaler und Kustos der Gemäldegalerie Carl Ruß verkehrte, zu dem auch Ferdinand Olivier, Ludwig Schnorr von Carolsfeld und Moritz von Schwind gehörten. Die Serie von 149 Feder- und Pinselzeichnungen mit dem Titel Bilder zur Geschichte von Wien645, die Ruß vor 1848 anfertigte, spannt einen geschichtlichen Bogen von der Vorzeit und Urbarma-chung des Stadtgebietes bis zum Ausbruch der Pest im Jahr 1679 und setzt dabei über weite Strecken die Geschichte Wiens mit der Geschichte Österreichs gleich. Viele der dort dargestellten Themen finden sich auch in Kupelwiesers Freskenzyklus.Zum Bekanntenkreis Kupelwiesers zählte weiters Johann Ladislaus Pyrker, der mit Grillparzer eng befreun-det war und der in seinen Dichtungen wie etwa dem Drama Zrinyis Tod (1810) meist Themen aus der österrei-chischen Ge schichte verarbeitete. Leopold Kupelwieser besuchte Pyrker, der zu dem Zeitpunkt Patriarch zu Vene-dig war, auf der Durchreise nach Rom Ende 1823 und schrieb in seinem Brief vom 10. Dezember an seine Ver-lobte Johanna Lutz, er habe in ihm „[…] einen Menschen gefunden, von ausgezeichnetem Geist und sehr liebevoll.“646 Er dürfte bei diesem Besuch auch die Arbeit an einem 644 1.-8. Skizzenbuch, Niederösterreichisches Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/511 – 7000/517.645 Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, BA, Pk 783.646 Feuchtmüller (1970) p. 20. Vgl. auch: Dobersberger (1997).647 Catalog schöner und gewählter Kupferstiche, Radirungen, Holzschnitte, Handzeichnungen und Werke, enthaltend die Sammlung des verstorbe­ nen Herrn Leopold Kupelwieser, […] welche Mittwoch den 9. December d.J. […] durch Alexander Posonyi, Kunsthändler in Wien, […] öffent­ lich versteigert werden sollen. Wien, 1863.648 Heiliger Leopold, vor der Madonna kniend, rundbogiger Entwurf, Niederösterreichisches Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/217; Hl. Leopold mit dem Schleier, Niederösterreichisches Landesmuseum Inv. Nr. 7000/218; Der heilige Leopold und Agnes am Söller, Nieder-österreichisches Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/219.649 Rudolf I. ergreift nach seiner Krönung das Kruzifix statt des Zepters. Vgl.: Feuchtmüller (1970) p. 266.650 Zit. nach: Fischer (1923) p. 11.651 Zit. nach: Stoessl (1924) p. 59.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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