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258 Worms für den Nibelungensaal in der Münchner
Resi-denz,
wurde 2006/07 ebenfalls umfangreich
restau-riert.908
Für diesen Karton verwendete Schnorr etwas
kleinere Papierbögen (53 x 83 cm), die er nicht
überlap-pend,
sondern Stoß an Stoß auf einer Lage weiterer Bögen
aus demselben Papier montierte.
2005 wurden die 14 Kartons von Joseph von Führich für
die Kreuzwegstationen in der Johann-Nepomuk-Kirche
in Wien für die Präsentation in der Ausstellung Religion
Macht Kunst in der Frankfurter Schirnhalle restauriert.
Aus diesem Anlass ergab sich die Gelegenheit, die
groß-formatigen
Zeichnungen näher zu untersuchen.910 Alle
Kartons haben ein Format von 2,32 x 1,85 m, wobei die
obere Bildkante leicht gewölbt ist. Zunächst wurde eine
Papierbahn aus 20 Einzelbögen mit dem Format 53,3 x
39 cm zusammengesetzt und danach die so entstandene
große Papierbahn auf das endgültige Format
zugeschnit-ten.
Wie bei den Kartons von Kupelwieser, sind auch hier
die Einzelbögen, die sich an den Rändern der
zusammen-gesetzten
Papierbahn befinden, dadurch beschnitten. Die
einzelnen Bögen wurden wahrscheinlich mit tierischem
Leim911 2 – 2,5 cm überlappend aneinandergeklebt. Im
Unterschied zu Kupelwiesers Kartons verwendete Führich
für alle 14 Kartons dasselbe blaugraue, dicke Papier und
montierte die einzelnen Bögen immer genau nach
dem-selben
Schema nur wenig überlappend zusammen. Die so
entstandene große Papierbahn wurde danach weder auf
Papier noch auf Leinwand kaschiert. (Abb. 394)
In den Jahren 1818 – 1830 zeichnete Peter Cornelius rund
fünfzig monumentale Kartons für die Münchner Glypto-
nologischen Details finden sich in einem sehr
ausführli-chen
Artikel in der Edinburgh Review:
„Die ganze Procedur zerfällt in drei Haupttheile: den Car
ton, die Vorbereitung der Mauer und die Arbeit des Malers.
Der Carton wird meist nach kleinen Zeichnungen der ganzen
Composition in vergrößertem Maßstab angefertigt, und
sorgfältige Studien werden für die einzelnen Theile gemacht.
Man spannt eine starke Leinwand auf einem Rahmen aus,
als wenn sie für das Malen präpariert werden sollte, und
leimt dann Papier darauf fest. Ist die erste Papierlage trocken
geworden, so wird eine zweite in gleicher Weise darüber
geleimt, wobei jedoch die Ränder der einzelnen Bogen da,
wo sie überstehen, abgeschabt werden, um eine glatte Ober
fläche zu erhalten.“906
Die meisten Künstler jedoch hinterließen keine
schrift-lichen
Zeugnisse, die Aufschluss über ihre
Vorgehens-weise
bei der Herstellung von Kartons geben könnten, so
dass Informationen darüber hauptsächlich aus den
Wer-ken
selbst bezogen und aus Untersuchungen der
Materi-alien
und Arbeitsspuren rekonstruiert werden müssen.
Im Zuge einer Restaurierung wurde der 1840
entstan-dene
Karton Die Eroberung Pavias von Julius Schnorr von
Carolsfeld für die Kaisersäle in München genauer
unter-sucht
und sowohl die Herstellung als auch die
Materia-lien
dokumentiert.907 Der Karton hatte ursprünglich ein
Format von 6,33 x 4,53 m und wurde nach der
Vollen-dung
vermutlich von Schnorr selbst in drei schmale
Bah-nen
zerschnitten. Die einzelnen Blätter, aus denen der
Karton zusammengesetzt ist, haben ein Format von
57 x 88 cm und eine Dicke von 0,6 – 0,7 mm und wurden
1,5 cm überlappend
montiert.Laut
Untersuchungsergebnissen besteht das
verwen-dete
Hadernpapier vorwiegend aus Flachsfasern, mit
einem Zusatz von rot und blau gefärbten Wollfasern und
Leinenstroh (Leinenabfälle vom Häckseln). Das
Träger-papier
wurde vermutlich mit Gummi Arabicum auf
wei-tere,
etwas kleinere und dünnere Papierbögen kaschiert,
bei denen es sich ebenfalls um Hadernpapier aus
Flachs-fasern
mit Zusätzen von blau und grün gefärbter Wolle
und Leinenstroh handelt.
Dieses Papier entspricht in Zusammensetzung und
Format jenem als Packpapier bezeichneten Papier, das
auch Kupelwieser für viele seiner Kartons verwendete.
Auch das Kaschieren der großen Papierbahn auf weitere
Papierbögen entspricht der Vorgehensweise Kupelwiesers
bei vielen seiner Kartons, allerdings verwendete
Kupel-wieser
bei der Kaschierung nicht Gummi Arabicum,
son-dern
reinen Stärkekleister.
Ein weiteres Werk von Julius Schnorr von Carolsfeld,
der 1844 entstandene Karton Ankunft der Brunhilde in 906 Erschienen in: Edinburgh Review, Nr. 251, Januar 1866, p. 5ff. Zit.
nach: Wolzogen (1867) p.
117.907
Hädrich; Knoop (1999) p. 26 –
35.908
Carsten Wintermann: Julius Schnorr von Carolsfeld,
unveröffent-lichter
Abschlussbericht der Restaurierungsarbeiten am Karton
Ankunft der Brunhilde in Worms; 20. 4. 2007, Dresden,
Kupfer-stichkabinett.
Dankenswerter Hinweis von Cornelia Reiter
(Kup-ferstichkabinett
der Akademie der bildenden Künste
Wien).909
Siehe fotografische Dokumentation im Restaurierbericht von
Carsten Wintermann: die einzelnen Blätter konnten allein durch
die Abnahme der Kaschierung voneinander getrennt werden; die
einzelnen Papierbögen sind bis zum Rand bezeichnet, was bei
einer Zeichnung auf überlappende Papierbögen nicht der Fall
wäre. Vgl. Pursche (1998) p.
30.910
Die folgenden Angaben beziehen sich auf ein Gespräch mit Maria
Villancour, die die Kartons restaurierte, und eine anschließende
Besichtigung der Kartons durch die
Autorin.911
Der Klebstoff wurde nicht analysiert. Laut mündlicher
Informa-tion
der Restauratorin Maria Villancour wird der Klebstoff, mit
dem die einzelnen Blätter aneinandergeklebt wurden, bei Kontakt
mit Wasser sofort klebrig und weist den für tierische Leime
cha-rakteristischen
Geruch auf. Diese Eigenschaften, in Verbindung
mit der starken Vergilbung, deuten also auf die Verwendung eines
tierischen Leims.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306