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288 Die aktuelle Debatte zur Qualität von maschinell
herge-stelltem,
im Vergleich zu handgeschöpftem Papier wird
hier wie folgt kommentiert:
„Wenn auch bei Gelegenheit dieser Ausstellung der Streit
über die Vorzüge des Maschinen oder Hadernpapiers wieder
aufgenommen wurde, so dürfte die Bemerkung nicht über
flüssig sein, daß durch die Erörterungen bei Gelegenheit der
Berliner und der Wiener Ausstellung wohl ziemlich zur
Gewissheit erhoben ist, daß Maschinenpapier gleichfalls alle
Bedingungen der Haltbarkeit in sich vereinigen kann. Findet
man daher brüchiges Maschinenpapier, so ist mit Gewissheit
anzunehmen, daß entweder bei der Bleiche ein schädlicher
Überschuß von Kalk in der Chlorflüssigkeit gewesen ist, oder
daß man eine zu scharfe Appretur angewendet hat, oder weil
man schon beim Trocknen des Papiers dasselbe zu stark
angespannt und die Wirkung des Dampfs nicht gehörig gere
gelt hat.“1063
Zu den Rohstoffen der maschinell erzeugten Papiere
Faser-Rohstoff waren um die Jahrhundertmitte nach wie
vor die traditionellerweise in der Papierherstellung
ver-wendeten
Hadern oder Strazzen. Ab den 1830er Jahren
wurden sie allerdings zunehmend durch Kochen in Kalk
und Natron und nicht durch Faulen aufbereitet.1064
1845 wurde in der Maschinenpapierfabrik Wran
(gegründet 1836 von den Brüdern Haase) der erste
rotie-rende
Hadernkocher, von dem damaligen Direktor
Pros-per
Piette erfunden, in Betrieb genommen.
Leimung
„Für gewisse Fälle, insbesondere zur Bereitung des Maschi
nen Papiers (Papier ohne Ende) wird das […] Ganzzeug im
Holländer noch geleimt, wodurch das bei gewöhnlichen, mit
tels Handformen geschöpften Papiergattungen meist übliche
Leimen des fertigen Papiers überflüssig wird. Man bezeichnet
dieses Verfahren […] mit dem Namen des Leimens in der
Masse oder in der Bütte, weil der Leim manchmal nicht im
Holländer, sondern erst in der Schöpfbütte zugesetzt
wird.“1065Zu
Beginn des 19. Jahrhunderts experimentierte Moritz
Illig, gelernter Uhrmacher, in der Papiermühle seines
Vaters in Erbach mit verschiedenen Methoden, Papier
schon in der Bütte zu leimen. 1807 publizierte er dann
eine Druckschrift über Masseleimung. Darin beschreibt
er seine Methode, bei der zuerst ein Teil Harz oder Pech
in 3 Teilen Pottasche aufgelöst und, mit Wasser verdünnt,
dem Ganzzeug zugefügt wird. Durch das Mahlen im Hol- länder wird die Leimflüssigkeit gut verteilt. Um das Harz
auf die Fasern zu fällen, wurde aufgelöster Alaun
zugegos-sen.
Prechtl und Keeß nennen eine ganze Reihe
unter-schiedlicher
Rezepturen zur Masseleimung, die allerdings
im Wesentlichen Abwandlungen der Methode von Illig
darstellen und stets aus einem Anteil Harz oder Wachs
bestehen, das durch Ätzlaugen (meist aus Pottasche)
ver-seift
und durch Zugabe von Alaun auf die Fasern gefällt
wird. Oft werden auch Zusätze wie Öl (bei
Schaumbil-dung),
Seife oder Stärke (Weizenstärke oder
Kartoffel-stärke)
zugefügt:
„Nach dem Verfahren des Chemikers Braconnot kommen auf
100 Pfund trockenes Ganzzeug heißer Kleister aus 8 Teilen
Mehl, 1 Teil aufgelöste Seife und eine Auflösung von 1/2 Teil
Fichtenharz in Ätzlauge, danach wird 1 Teil Alaun zugesetzt.
D’Arcet empfiehlt auf 100 kg trockenen Papierzeugs 12 kg
Stärkemehl (oder 4 kg tierischer Leim), 1 kg Harz (aufgelöst
in 500 g basisch kohlensaurer Pottasche) und 216 Pinten
Wasser.“1066
Wachsleim wurde zur Leimung von Papieren besserer
Qualität, das gelbliche Fichtenharz für die Leimung von
halbfeinem Schreibpapier und Kolophonium für die
Lei-mung
von Packpapier verwendet.1067
Als Vorteile der Masseleimung nennt Prechtl
Zeitge-winn
und eine regelmäßigere Verteilung des Leims im
Faservlies:
„(...) man erhält auch sicherer eine gleichförmige, ganz
durch das Innere des Papiers gehende Leimung (…) sie ist
in Bezug auf das Leimen weniger abhängig von der Witte
rung, und erreicht den Nutzen, daß die zum Bläuen ange
wendete Smalte sich in der dickflüssigeren Masse nicht so
leicht absetzt (…)“1068
Bereits im 1830 erschienenen Werk von Keeß und
Blu-menbach
wurde hingegen die Masseleimung nur zur
ein-geschränkten
Anwendung empfohlen:
„So viel scheint gewiß, dass das Leimen in der Bütte bey
feinen geleimten Druckpapieren und bey mittlerem Schreib
papiere zulässig, bey feinen großen holländischen Zeichen
und allen feinen englischen und holländischen Postpapiern
nicht räthlich
sey.“1069Bei
allen Faserproben von maschinell hergestellten
Papie-ren,
die Kupelwieser für seine Kartons verwendete, konnte
1063 Ebd. p.
66f.1064
Krawany (1923) p.
47.1065
Prechtl (1830 – 1865) 10. Bd. (1840) p.
479.1066
Keeß; Blumenbach (1829 – 1830) p.
609.1067
Prechtl (1830 – 1865) 10. Bd. (1840) p.
480.1068
Ebd. p.
479.1069
Keeß; Blumenbach (1829 – 1830) p. 609.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306