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Förderung und Ermöglichung dieser Kunstschöpfung“
bedankt. Es wird auch darauf verwiesen, „daß der eigent
liche Ursprung der letzteren [der Kunstschaffung, Anm.]
noch der so mannigfach angefochtenen Rechnung des
sogenannten ,alten Regimes‘ zu Guten gehe. Die Genehmi
gung der Ausführung datirt nämlich merkwürdigerweise
vom 12. März 1848, also vom Vorabende der späteren
Ereignisse.“Im
Jahr 1847 legte Kupelwieser den ersten
Programm-entwurf
und Aquarellentwürfe mit Vorschlägen zu
geschichtlichen Motiven für die Wand- und
Deckenge-mälde
vor. Nach mehreren Abänderungen der
Vor-schläge
– wahrscheinlich durch die Baukommission –
verfasste Kupelwieser um die Jahreswende 1847/48
einen zweiten, ebenfalls nicht datierten
Programment-wurf18
und bat in einem an Kübeck adressierten Brief
vom 8. Jänner 1848:
„daß die Wahl der Gegenstände nach Eurer Excellenz
Bestimmung und ferneren Andeutung zu verbleiben habe,
und keiner fremden Einmischung blosgestelt werde.“19
Weiters macht er in dem Schreiben konkrete Angaben
zu den Zahlungsmodalitäten und den nötigen
Vorarbei-ten
im Marmorsaal. Am 12. März 1848 wies Kübeck den
Präsidenten der niederösterreichischen Regierung an,
den Vertrag mit Kupelwieser abzuschließen und allen
seinen Forderungen stattzugeben. In dem Brief werden
einige Treffen mit Kupelwieser erwähnt und es wird
fest-gelegt,
dass die Arbeit bis längstens Juli 1849 vollendet
werden sollte. Weiters enthält das Schriftstück eine
Auf-listung
aller Bildthemen bis auf die Herrscher-Porträts in
den Stichkappen und eine Kostenaufstellung mit
Anga-ben
zu jedem einzelnen Gemälde.20 Kübeck betont in
„große Sitzungssaal“, der aufgrund seiner
Wandverklei-dungen
aus künstlichem Marmor auch „Marmorsaal“
genannt wird. Der etwa 110 Quadratmeter große Raum
mit über fünf Metern Höhe hat ein Spiegelgewölbe mit
Kappen aus Holz, das von verzahnten Holzbalken
getra-gen
wird; das Licht fällt durch drei große Fenster an der
östlichen Längswand. (Abb.
1)Leopold
Kupelwieser erhielt bereits im Jahr 1847 den
Auftrag, diesen repräsentativen Raum mit einem
Fresken-zyklus
auszuschmücken. Es gibt keine Aufzeichnungen
oder Hinweise darauf, dass diesem Auftrag eine
allge-meine
Ausschreibung voranging. Wie aus einem
Schrei-ben
Kübecks an Talatzko hervorgeht, muss ein erster
Kontakt mit Kupelwieser schon in der ersten Hälfte des
Jahres 1847 hergestellt worden sein, denn im Juli dieses
Jahres beriet der Künstler sich bereits mit dem
zuständi-gen
Architekten Braun über Details zur Vorbereitung des
Plafonds.12Petrin
bemerkt in ihrer Publikation über die
Pro-grammentwürfe
Kupelwiesers, dass nicht geklärt werden
konnte, auf welche Weise der Kontakt zwischen Kübeck
und Kupelwieser zustande kam.13 Weder aus der Literatur
noch aus den im Nachlass Kübecks im Österreichischen
Staatsarchiv befindlichen Schriftstücken ergeben sich
dazu Hinweise. Möglicherweise vermittelte den Auftrag
Hofbaurat Sprenger, der mit Kupelwieser bekannt
gewe-sen
sein musste. Als einer von Kupelwiesers engsten
Freunden, Carl Roesner, 1836 bei den Piaristen in Wien
heiratete, waren bei der Feier unter anderen auch
Kupel-wieser
und Joseph von Führich sowie die Architekten
Nobile, Ostertag und Sprenger zugegen.14 Kupelwieser
und Sprenger kannten sich vermutlich aus ihrer
gemein-samen
Studienzeit an der Akademie der bildenden
Künste15 oder durch ihre spätere Lehrtätigkeit an dieser
Institution: Sprenger war dort ab 1828, Kupelwieser ab
1831 als Korrektor beschäftigt; 1828 erhielt Sprenger eine
Professur der mathematischen Wissenschaften und
wurde 1835 akademischer Rat der Akademie, während
Kupelwieser 1836 als Professor für Historienmalerei an
die Akademie berufen wurde.
Vielleicht kam der Auftrag auch direkt über den
Hof-kammerpräsidenten
Karl Friedrich Freiherr von Kübau
zustande, der eng mit dem Patriarchen von Venedig und
späteren Abt von Lilienfeld, Ladislaus Pyrker, befreundet
war16, der wiederum seit 1823 mit Leopold Kupelwieser
in Verbindung stand.17 Laut Wiener Zeitung war
Kupel-wieser
1847 direkt von Kaiser Ferdinand mit der
Ausge-staltung
des Sitzungssaales beauftragt worden (Beilage
zum Morgenblatt der Wiener Zeitung No. 23, 22. März
1851). Weiters werden Hofbaurat Nobile, Sektionsrat
Sprenger, Freiherr von Münch-Bellinghausen und Baron
Kübek „sowohl für die Anregung, als auch für die wesentliche 12 Niederösterreichisches Landesarchiv, Nö. Regierung Präsidium
1848 Zl. 571/P, fol. 56 (Karton 73). Anweisung Kübeck von Kübaus
an Freiherrn Talatzko von Gestiecek, 12. März 1848
1054/B.C.13
Petrin (1996) p. 530, Anm. 3.
14 Feuchtmüller (1970) p.
50.15
Kupelwieser studierte von 1809 bis 1823, Paul Sprenger von 1817
bis 1823 an der Akademie der bildenden Künste in Wien.
16 Vgl.: Dobersberger (1997), u.a. p.
12.17
Leopold Kupelwieser besuchte Pyrker 1823 auf der Durchreise
nach Rom; in den darauf folgenden Jahren kam es immer wieder
zu Kontakten, so etwa arbeitete Kupelwieser 1840 an der
Ausstat-tung
von Pyrkers Legendenwerk mit. Vgl.: Ebd. u. a.: p.
469f.18
Siehe
Anhang.19
Niederösterreichisches Landesarchiv, Nö. Regierung Präsidium
1848 Zl. 571/P, fol. 89 (Karton 73). Schreiben von Leopold
Kupel-wieser
an Freiherrn von Kübeck von Kübau, 8. Jänner 1848. Siehe
Anhang.20
Die Kosten für die einzelnen Gemälde wurden unterschiedlich
hoch veranschlagt. Das Gesamthonorar von13.000 Gulden war
nach dem Urteil Kübecks „sehr mäßig“. Vgl.:
Niederösterreichi-sches
Landesarchiv, Reg. A, Präs. d. NÖ. Reg., Zl. 571 P 848 vom
12. März 1848, gez. Kübeck. Siehe Anhang.
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Buch Das zusammengedrängte Gedenken"
Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306