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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 27 -
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27 denen der vorderste eine Fahne schwenkt, in Prunkrüs-tungen der Renaissance dargestellt. Links im Vorder-grund warten zwei Fährleute in ihrem Boot darauf, den Herrscher zu seinem Kriegsschiff überzusetzen. Carl V. hielt an der mittelalterlichen Idee des Kaiser-tums als Schützer der Kirche und Kämpfer für den rech-ten Glauben gegen das Heidentum fest. Sein Feldzug gegen Vasallen des Sultans im Jahr 1535, der bei Karthago die Seemacht des Kaisers bedrohte, wurde zu seinem persönlichen Triumph.52 Der Feldzug wurde vom Hof-maler Cornelisz Vermeyen, der selbst nach Tunis mitge-reist war, in einer Folge von 12 Tapisserien dargestellt; 10 Kartons dazu befinden sich im Wiener Kunsthistori-schen Museum und wurden unter Leopold I. nachgewebt. Möglicherweise wurde Kupelwieser durch Ladislaus Pyr-kers Werk Tunisias oder Carls V. Heerfahrt nach Afrika (dem Sieger von Aspern gewidmet), zu der Darstellung ange-regt.53 Warum das Bildthema Karl V. als Sieger über das Heidentum nicht in den Zyklus aufgenommen wurde und auch die Figur Carls V. in späteren Fassungen nicht mehr aufscheint, wird im Programmentwurf nicht begründet. Möglicherweise fehlte dem Motiv der Bezug zu Niederös-terreich bzw. Wien, der sich bei allen anderen Themen feststellen lässt. Im ersten Programmentwurf schlägt Kupelwieser anstelle dieser Darstellung eine Szene vor, in der Ferdinand II. oder Joseph II. im Mittelpunkt stehen sollen: „neben dieser steht in vorliegender Zeichnungn Carl V. […] der E.G. hat sich durch Vorliebe für den erhabenen Helden zu dessen irrigen Anwendung verleiten lassen und er glaubt stadt dessen die Vorstellung Kaiser Josephs II. oder Fer II. vorschlagen zu müßen. Es liegt der Entwurf bey vorstellend Joseph den zweyten welcher mit großer Sorg­ falt das Wohl auch seiner geringsten Unterthanen wahrte und zugleich die wichtigsten Regierungsangelegenheiten ordnet“.54 In dem am Institut für Kunstgeschichte in Graz wie-dergefundenen Konvolut an Zeichnungen von Kupelwie-ser befindet sich auch ein Entwurf für die im ersten Pro-grammentwurf vorgeschlagene Szene in der für die erste Aufteilung der Decke charakteristischen fünfeckigen Bildform; dabei handelt es sich wahrscheinlich um jenen in dem zitierten Text erwähnten Entwurf, welcher der Kommission vorlag. (Abb. 19) Joseph II. befindet sich hier zusammen mit zwei weiteren Figuren in der Mitte der Komposition; er nimmt die Bittgesuche seiner Unterta-nen entgegen, während er seinen Schreibern links im Bild Anweisungen gibt; im Hintergrund sieht man Figuren an hohen Regalen mit Büchern oder Dokumenten. Hier taucht bereits das Motiv der Schreiber bzw. Beamten auf, welche Protokolle und Niederschriften anfertigen, Doku- Abb. 19: „Joseph II. nimmt die Bittgesuche seiner Untertanen entgegen und ordnet Regierungsangelegenheiten“; Bleistift, Velin-Papier, 240 x 290 mm; Universität Graz, Institut für Kunstgeschichte. 52 Liebenwein-Krämer (1977) p. 56f.53 Johann Ladislaus Pyrker: Tunisias oder Kaiser Carl V. Heerfahrt nach Afrika. Ein Heldengedicht in 12 Gesängen, erschienen 1820 bei Carl Ferdinand Beck in Wien. 54 Programmentwurf I, siehe Anhang. 55 Programmentwurf I, siehe Anhang. 56 Niederösterreichisches Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/352. Paus-zeichnung auf Transparentpapier dazu: Inv. Nr. 7000/1039. mente und andere Schriftstücke ordnen bzw. aufbewah-ren und den Herrscher in Verwaltungsangelegenheiten unterstützen; dieses Thema findet sich später in dem Gemälde Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein in anderem Zusammenhang wieder. Im ers-ten Gesamtentwurf für die Decke ist allerdings keine entsprechende Szene dargestellt, und in der Form wurde das Konzept auch im Freskenzyklus nicht umgesetzt; die Porträts Josephs I. und Ferdinands II. zieren allerdings als Fresko ausgeführt die Stichkappen über den Türen. Für die beiden Eckfelder sah Kupelwieser Darstellun-gen Karls VI. und Franz’ I. von Österreich vor. „Karl VI. welcher den Übergang in die Lothringische Linie bezeichnet und als kunstliebender Regent die Zierde Wiens, die Karlskirche erbaut hat und sie den Kreuzherren übergibt.“55Im ersten Gesamtentwurf sind die Szenen mit Joseph I. und Karl VI. an der rechten bzw. linken Schmalseite der Decke angeordnet. Die Darstellung der Übergabe der Karlskirche entspricht dabei in allen Details einer im Niederösterreichischen Landesmuseum aufbewahrten Aquarellstudie56, die in der Mitte Karl VI. und einen Kreuzherrn zeigt. (Abb. 20–22) Links im Bild sind Karls Gemahlin Elisabeth Christina und Gefolgsleute des Kai-sers dargestellt, in der rechten Bildhälfte befinden sich
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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