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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
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92 Parierstange versehen und hing an einem um die Hüften befestigten Gürtel. Der Schild, statt der älteren runden Form, wurde jetzt sehr lang, nach unten in eine Spitze endend, oder auch gleich einem in die Länge gezogenen Drei­ oder Viereck, und so gebogen, daß er den Körper halb umschloss.“328 Der zerbrochene Bogen in Leopolds linker Hand nimmt Bezug auf die sogenannte Bogenlegende, der zufolge Leo-pold I. als junger Gefolgsmann dem Kaiser Otto dem Gro-ßen bei der Jagd das Leben gerettet haben soll, indem er ihm, als sein Bogen beim Angriff eines Bären zerbrach, seinen eigenen Bogen reichte. Der Kaiser konnte so das Tier erlegen und schenkte Leopold zum Dank seinen zer-brochenen Bogen mit dem Versprechen, ihm das nächste erledigte Reichslehen zu überlassen. Als nach Markgraf Burkhards Tod 983 das Lehen der Ostmark zu vergeben war, meldete der Babenberger seinen Anspruch an und wurde von Otto II., dem Sohn Ottos des Großen, auf dem Reichstag in Verona mit der österreichischen Mark belehnt. Diese Episode geht auf eine im Breve Chronicon Austria cum Mellicense (Melk, 1157) überlieferte Schilde-rung zurück und ist historisch nicht nachweisbar.329 Besonders in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfreute sich die mit der Legende verbundene Jagdszene großer Beliebtheit als Gegenstand in Geschichtsschrei-bung, Literatur und bildender Kunst. Schon in Hormayrs Taschenbuch für die vaterländische Geschichte von 1813 findet sich eine Beschreibung der Legende, die mit einem Kupferstich von Johann Blaschke illustriert wurde330 und Anregung für Caroline Pichlers ein Jahr später ebenda publizierte Ballade Markgraf Leopold der Erlauchte rettet Kaiser Otto I. das Leben331 gewesen sein dürfte. Sigmund Ritter von Pergers 1813 publizierte Serie von Aquatinta-Stichen mit Szenen aus der Epoche der Babenberger beginnt ebenfalls mit einer Darstellung von Leopold und Otto bei der Jagd332 und wurde wahrschein-lich gleichfalls durch die Publikation seines Freundes Hormayr inspiriert. Es folgten Interpretationen von Joseph von Führich (Bleistiftzeichnung, 1830)333 und Leander Ruß (Gouache, 1845).334 Als Illustration finden sich weitere Variationen des Themas in so bekannten Werken wie Hormayrs Geschichte Wiens und seine Denk­ würdigkeiten335 mit einem Stich von Josef Axmann nach Peter Fendi (Der Babenberger Titel auf Österreich – Otto der Große wird von Leopold I. bei der Jagd gerettet), in Anton Zieglers Vaterländischer Bilder­ Chronik336 und in Franz Ziskas Geschichte der Stadt Wien337 aus dem Jahr 1847, die einen Holzschnitt von Ludwig Schnorr von Carolsfeld mit dem Titel Otto des Großen Rettung auf der Jagd durch Leopold enthält. (Abb. 129) Abb. 129: „Otto des Großen Rettung auf der Jagd durch Leopold von Babenberg, comp. von C. Schnorr“; Bildquelle: Ziska (1847). 328 Hefner-Alteneck (1840 – 1854) 1. Abt., p. 19.329 Kupelwieser relativiert die Darstellung des Ereignisses schon in seinem zweiten Programmentwurf, wo er schreibt: „[…] soviel uns aus den dunklen Quellen über diese Zeit erhalten […].“ Möglicher-weise wurde die Belehnung Leopolds in der Form schon von manchen Historikern um die Mitte des19. Jahrhunderts in Frage gestellt. Nach heutigem Stand der Forschung wurde Leopold schon im Jahr 976 belehnt. Burkhard, der erste Markgraf der bairischen Ostmark, unterstützte beim Aufstand gegen Otto II. dessen Gegenspieler Heinrich II. und wurde, nachdem sich der junge Kaiser durchgesetzt hatte, 976 abgesetzt; das Lehen war dadurch wieder frei. Die Belehnung fand folglich nicht, wie in Kupelwiesers Darstellung, auf dem Reichstag zu Verona, der in das Jahr 983 datiert wird, statt. Diese Interpretation der Quellen setzte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch. Siehe dazu: Allgemeine deutsche Biographie, Bd. X, München/Leipzig 1883, p. 379: „Auch das Jahr, in welchem L.[Leopold, Anm.] einem gewissen Burchard als Markgraf von Oesterreich folgte, war früher strittig; gewöhnlich entschied man sich für das J. 984. Gegenwärtig gilt als der Zeitpunkt, zu welchem L. in den Besitz der Ostmark gelangte, das J. 976, in welchem er zuerst urkundlich als Markgraf von Oesterreich erscheint und man bringt, wol mit Recht, seine Einsetzung mit der Empörung Herzog Heinrichs II. von Baiern gegen König Otto II. in Verbindung […].“330 Hormayr (1811 – 1854) 3. Jg. (1813) p. 247.331 Ebd. 4. Jg. (1814), p. 3 – 8.332 Zöllner (1976) p. 712.333 Ebd. p. 714.334 Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, BA, Pk 3672.335 Hormayr (1823 – 1825) 2. Bd., Titelkupfer von J. Axmann.336 Ziegler (1843 – 1849) Bild Nr. 38.337 Ziska (1847) p. 53. Wie dieser exkursorische Überblick zeigt, wurde der Schwerpunkt allgemein auf die viel dramatischere und eindrucksvollere Überlieferung der Rettung Ottos des Großen gelegt und weniger auf die spätere Belehnung
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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