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setzen“453 will. Freilich erfuhr diese moderne
Geschichts-auffassung
einen restaurativen Impuls durch die
Deu-tung,
diese Tugenden seien die Früchte einer weisen Regie
rung. Bei den anderen beiden Bildern, deren Gegenstände
Kupelwieser nicht namentlich anführt, kann es sich nur
um Das Aufgebot von 1797 und Die Franzosenkriege
han-deln.
Besonders Letztere wurden in der vaterländischen
Geschichtsschreibung oft mit den Türkenkriegen in
Ver-bindung
gesetzt, so etwa in Aloys von Groppenbergers
Werk Denkmahl rühmlich erfüllter Bürgerpflichten der Bür
ger und Einwohner Wiens von 1806. Die Ereignisse werden
im Sinne der herrschenden Geschichtsauffassung
ausge-legt,
und das vorbildliche Verhalten der Wiener beim
Einzug der Franzosen 1805 wird mit dem tapferen Einsatz
der Bürger während der Türkenbelagerung 1683
vergli-chen.
Durch seine Darstellung heldenhaft kämpfender
Bürger erfüllte Kupelwieser die Forderung Hormayrs, die
bildenden Künste sollten durch die Inszenierung
vorbild-licher
Taten den Betrachter zur Nachahmung anspornen
und die Bürger zum bedingungslosen Einsatz für ihr
Vaterland begeistern.
[…] Und noch steht auf dem Stefansthurm/das Kreuz der
Christenheit/zum Zeichen, wie vereinte Kraft/die Kaiser
stadt
befreit.“Diese
Interpretation ist auch Gegenstand der modernen
Geschichtsforschung und wird u.a. von Bruckmüller
dis-kutiert:
„In allen Fällen werden diese Auseinandersetzungen als
Kämpfe auf Leben und Tod empfunden und dargestellt, als
Konflikte von existentieller und fast eschatologischer Dimen
sion, deren Ausgang nur die Befreiung oder die Unterwer
fung, die Vernichtung oder die Rückkehr zum Leben, die
Rettung oder das Verderben sein kann. Der Islam und seine
Verkörperungen (…) werden als die gefährlichsten und dau
erhaftesten Feinde Europas empfunden, als Europas absolute
Antithese und Negation. (…) Die zentrale Bedeutung, die
der Erinnerung an die Belagerung Wiens und an die Schlacht
auf dem Kahlenberg 1683 in der historischen Mythologie
Österreichs und Polens zukommt, (...), veranschaulicht diese
Einstellung am treffendsten. So hat der Kampf gegen den
Islam (…) de facto immer eine religiöse, heilige und schick
salhafte Dimension, weil es immer um das Heil Europas, der
Nationen und ihrer Seele geht.“450
Durch die Szene an der Bresche der Befestigungsanlage
im Hintergrund erschließt sich eine weitere – und sehr
moderne – Aussage des Gemäldes. Wie bereits erwähnt,
übernahm Kupelwieser hier das Motiv eines Gemäldes
von Leander Ruß, welches 1838 von der Kaiserlichen
Gemäldegalerie unter dem Titel Sturm der Türken auf die
Löwelbastei 1683 erworben wurde. Auffallenderweise war
dasselbe Bild bei der St. Anna Ausstellung desselben
Jahres noch unter einem anderen Titel verzeichnet,
nämlich Die Bürger Wiens vertheidigen die Bresche an der
Löwelbastei am 6. September 1683.451 Wie der frühere
Titel andeutet, stehen hier, nach dem im
Revolutions-zeitalter
geprägten Bildtypus, nicht herausragende
Hel-den,
sondern die kämpfende Masse der Bürger im
Vor-dergrund.
Anton Ziegler betont im Zusammenhang mit
der Verteidigung der Löbelbastei ebenso den Mut der
Wiener Bevölkerung:
„Jeder Schritt, den die Belagerer nun vorwärts machten, kos
tete ihnen [sic!] Hunderte von Menschen, denn die Besat
zung, von den rühmlichsten Anstrengungen der Bürgerschaft
und der Studenten gemeinschaftlich unterstützt, leistete den
heftigsten Widerstand, und schlug die Stürmenden immer
männlich zurück.“452
In ähnlicher Gewichtung interpretierte auch Leopold
Kupelwieser die Ereignisse. Schon im ersten
Programm-entwurf
für den Freskenzyklus umriss er drei Bildthemen,
in denen er „den Tugenden der Untertanen ein Denkmal 450 Bruckmüller (1998) p.
25.451
Kunstwerke, öffentlich ausgestellt im Gebaeude der oesterreichisch
kaiserlichen Akademie der vereinigten bildenden Kuenste bey St. Anna.
Im Jahre 1838, Wien 1838, Nr.
378.452
Ziegler (1838 – 1840) Bild Nr.
24.453
Programmentwurf I, siehe Anhang.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306