Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 123 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 123 - in Das zusammengedrängte Gedenken

Bild der Seite - 123 -

Bild der Seite - 123 - in Das zusammengedrängte Gedenken

Text der Seite - 123 -

123 setzen“453 will. Freilich erfuhr diese moderne Geschichts-auffassung einen restaurativen Impuls durch die Deu-tung, diese Tugenden seien die Früchte einer weisen Regie­ rung. Bei den anderen beiden Bildern, deren Gegenstände Kupelwieser nicht namentlich anführt, kann es sich nur um Das Aufgebot von 1797 und Die Franzosenkriege han-deln. Besonders Letztere wurden in der vaterländischen Geschichtsschreibung oft mit den Türkenkriegen in Ver-bindung gesetzt, so etwa in Aloys von Groppenbergers Werk Denkmahl rühmlich erfüllter Bürgerpflichten der Bür­ ger und Einwohner Wiens von 1806. Die Ereignisse werden im Sinne der herrschenden Geschichtsauffassung ausge-legt, und das vorbildliche Verhalten der Wiener beim Einzug der Franzosen 1805 wird mit dem tapferen Einsatz der Bürger während der Türkenbelagerung 1683 vergli-chen. Durch seine Darstellung heldenhaft kämpfender Bürger erfüllte Kupelwieser die Forderung Hormayrs, die bildenden Künste sollten durch die Inszenierung vorbild-licher Taten den Betrachter zur Nachahmung anspornen und die Bürger zum bedingungslosen Einsatz für ihr Vaterland begeistern. […] Und noch steht auf dem Stefansthurm/das Kreuz der Christenheit/zum Zeichen, wie vereinte Kraft/die Kaiser­ stadt befreit.“Diese Interpretation ist auch Gegenstand der modernen Geschichtsforschung und wird u.a. von Bruckmüller dis-kutiert: „In allen Fällen werden diese Auseinandersetzungen als Kämpfe auf Leben und Tod empfunden und dargestellt, als Konflikte von existentieller und fast eschatologischer Dimen­ sion, deren Ausgang nur die Befreiung oder die Unterwer­ fung, die Vernichtung oder die Rückkehr zum Leben, die Rettung oder das Verderben sein kann. Der Islam und seine Verkörperungen (…) werden als die gefährlichsten und dau­ erhaftesten Feinde Europas empfunden, als Europas absolute Antithese und Negation. (…) Die zentrale Bedeutung, die der Erinnerung an die Belagerung Wiens und an die Schlacht auf dem Kahlenberg 1683 in der historischen Mythologie Österreichs und Polens zukommt, (...), veranschaulicht diese Einstellung am treffendsten. So hat der Kampf gegen den Islam (…) de facto immer eine religiöse, heilige und schick­ salhafte Dimension, weil es immer um das Heil Europas, der Nationen und ihrer Seele geht.“450 Durch die Szene an der Bresche der Befestigungsanlage im Hintergrund erschließt sich eine weitere – und sehr moderne – Aussage des Gemäldes. Wie bereits erwähnt, übernahm Kupelwieser hier das Motiv eines Gemäldes von Leander Ruß, welches 1838 von der Kaiserlichen Gemäldegalerie unter dem Titel Sturm der Türken auf die Löwelbastei 1683 erworben wurde. Auffallenderweise war dasselbe Bild bei der St. Anna Ausstellung desselben Jahres noch unter einem anderen Titel verzeichnet, nämlich Die Bürger Wiens vertheidigen die Bresche an der Löwelbastei am 6. September 1683.451 Wie der frühere Titel andeutet, stehen hier, nach dem im Revolutions-zeitalter geprägten Bildtypus, nicht herausragende Hel-den, sondern die kämpfende Masse der Bürger im Vor-dergrund. Anton Ziegler betont im Zusammenhang mit der Verteidigung der Löbelbastei ebenso den Mut der Wiener Bevölkerung: „Jeder Schritt, den die Belagerer nun vorwärts machten, kos­ tete ihnen [sic!] Hunderte von Menschen, denn die Besat­ zung, von den rühmlichsten Anstrengungen der Bürgerschaft und der Studenten gemeinschaftlich unterstützt, leistete den heftigsten Widerstand, und schlug die Stürmenden immer männlich zurück.“452 In ähnlicher Gewichtung interpretierte auch Leopold Kupelwieser die Ereignisse. Schon im ersten Programm-entwurf für den Freskenzyklus umriss er drei Bildthemen, in denen er „den Tugenden der Untertanen ein Denkmal 450 Bruckmüller (1998) p. 25.451 Kunstwerke, öffentlich ausgestellt im Gebaeude der oesterreichisch­ kaiserlichen Akademie der vereinigten bildenden Kuenste bey St. Anna. Im Jahre 1838, Wien 1838, Nr. 378.452 Ziegler (1838 – 1840) Bild Nr. 24.453 Programmentwurf I, siehe Anhang.
zurück zum  Buch Das zusammengedrängte Gedenken"
Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Das zusammengedrängte Gedenken