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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 127 -
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127 Altvorderen unter Ferdinand und Leopold auf den Wällen Wiens siegreich bethätigt hatten! […] Die Studenten vom dießjährigen Rector, dem brühmten Arzte Baron Quarin angefeuert, bestrebten sich den ruhmwürdigen Vorgang der Wiener Hochschule in den Nöthen Ferdinands Leopold und Theresiens noch zu übertreffen.“460 Auch Ziska deutet das Aufgebot in diesem Sinn: „[…] und daß die biedern Einwohner Wiens nicht weniger Muth und Treue beweisen werden, als ihre ruhmvollen Vor­ eltern, welche unter Ferdinand und Leopold auf den Wällen von Wien für Religion, Fürst, Vaterland und Ehre siegreich gefochten hatten. […] Freudigen Muthes voll wurde der Ruf zum Aufgebothe angenommen: die Studierenden, die Künstler und der Handelsstand ergriffen die Waffen; Nieder=Österreichs Stände bildeten ein eigenes Corps […].“461Diese Deutung der Ereignisse lässt sich bis unmittelbar in die Zeit des Aufgebots selbst zurückverfolgen: Schon 1797 war Georg Friedrich Henslers Volksstück Die getreuen Oesterreicher oder das Aufgeboth (Wien 1797) erschienen, in dem der Autor die zweite Wiener Türken-belagerung wieder vergegenwärtigte. Geschichte wurde hier zum Katalysator Gemeinschaft stiftender Prozesse und zur Rückversicherung in der gegenwärtigen Bedro-hungslage durch Aktualisierung beispielhafter histori-scher Handlungsschemata. Zur DarstellungstraditionIn der Gestaltung des zentralen Bildelements – dem Schwur auf Kaiser und Vaterland – greift Kupelwieser auf eine ikonographische Tradition zurück, die Frodl-Schnee-mann vor allem aus französischen Darstellungen des 18. Jahrhunderts herleitet.462 Zu den bekanntesten Bei-spielen für dieses Motiv zählen Gavin Hamiltons Schwur des Brutus (1763/64), Johann Heinrich Füßlis Der Schwur am Rütli (1787), der, von Carl Rahl gestochen, auf der Akademie-Ausstellung von 1842 gezeigt wurde, und vor allem Jacques-Louis Davids Schwur der Horatier (1784). In Österreich übertrug Carl Ruß den Gegenstand ins ländlich-bäuerliche Milieu aus der Zeit der Befreiungs- willigen-Aufgebot und für das Studenten-Corps, vaterlän-dische Volksstücke mit Gesängen und Chören wurden aufgeführt.458 Denkschriften zu den Ereignissen des Jah-res 1797 wie Joseph Laubers illustriertes Werk Denkmahl der Vaterlandsliebe und Fürstentreue und Johann Michael Cosmas Denis’ Denkschrift für Oesterreichs Patrioten erschienen noch im selben Jahr bzw. 1798. Wenig später, 1799, entstand Heinrich Fügers Porträt des Grafen Franz Josef Saurau, auf dem das Datum 17. April 1797 vermerkt ist, was das Gemälde in unmittelbaren Zusammenhang mit den Ereignissen des Wiener Aufgebots bringt. In der Geschichtsschreibung wurde das Freiwilligen-Aufgebot auch in den Jahren danach stets als Musterbei-spiel für Vaterlandsliebe und Bürgertugend angeführt und ausführlich besprochen. Anton Ziegler schildert 1838 in seinen Vaterländischen Immortellen die Ereignisse wie folgt: „Wem ist der Name ,Vaterland‘ nicht heilig? […] Und wer ist von dieser schönen Vaterlandsliebe feuriger durchdrungen als Österreichs Bewohner und vorzüglich Wiens schätzbare Bürger, die diese Liebe, zum besten des hohen Kaiserhauses und des theuren Vaterlandes, in ruhigen wie in sturmbewegten Zeiten so sattsam bewiesen haben. […] Ein öffentlicher Auf­ ruf an alle Landes­ Mitglieder und ihre Söhne, an alle Adelige, wie auch an alle ständische Beamte, bildete das sogenannte Korps von Niederösterreich zur Vertheidigung des Vaterlan­ des. Sämmtliche Aufgebots­ Mannschaft trug kaiserliche Kokarden auf ihren Hüten. […] Sobald diese Funktion [Feld­ messe, Anm.] beendet war, wurde nun dem versammelten unter Waffen gebrachten Aufgebote der Eid der Treue, gegen den Monarchen und das Vaterland vorgelesen. Alle hoben jetzt den Daumen, Zeig= und Mittelfinger in die Höhe, und sprachen den Eid mit fester Stimme nach.“459Eine Illustration zeigt den Schwur der neu angelobten Freiwilligen, der hier – anders als bei Kupelwieser – ent-sprechend der vorangegangenen Textpassage mit der Schilderung der Feldmesse auf dem Glacis nicht dem Prinzen von Württemberg, sondern einem Geistlichen geleistet wird. In Zieglers 1843 – 1849 erschienenem Werk Vaterländische Bilder­ Chronik ist das Aufgebot wie-der durch eine Illustration veranschaulicht, die Szene wird aber wesentlich weniger dramatisch gestaltet: In einem fast bürokratisch anmutenden Akt im Rathaus tragen sich die Bürger in ein Buch ein. Joseph Freiherr von Hormayr stellt in seiner 1823 erschienenen Geschichte von Wien die Ereignisse in einen größeren geschichtlichen Kontext und bringt sie mit der Verteidigung Wiens während der beiden Türken-belagerungen durch die Wiener Bürger in Verbindung: „Graf Saurau […] forderte am 4. April Wiens Bürger […] dazu auf, jene muthvolle Treue wieder zu beweisen, die ihre 458 Eine Auswahl: Carl Friedrich Hensler: Die getreuen Österreicher, oder das Aufgeboth. Ein Volksstück mit Gesang in 3 Aufzügen. Wien 1797; Johann Thiard Laforest: Das Aufgeboth. Ein Vaterländisches Gelegenheits­ Stück mit Gesängen und Chören, Wien 1798; Ignaz Liebel, Cantate Das Aufgeboth. Wien 1800; Lauber, Joseph: Denk­ mahl der Vaterlandsliebe und Fürstentreue. Wien 1797, mit 8 kolorier-ten Kupfertafeln. 459 Ziegler (1838 – 1840) Text zu Bild Nr. 50.460 Hormayr (1823 – 1825) 5. Bd., Heft 1, p.114ff.461 Ziska (1847) p. 435.462 Frodl-Schneemann (1984) p. 39f.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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