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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 185 -
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185 zeugen von einem beachtlichen Geschichtswissen des Künstlers. „Kupelwiesers Bildung war äußerst vielseitig. Kein Gebiet der Wissenschaft war ihm vollkommen fremd, mit besonderer Vorliebe aber befasste er sich mit Geschichte“639, schreibt Elisabeth Kupelwieser in ihren Erinnerungen. Schon vor seiner Reise nach Italien dürfte Kupel-wieser den Dichter Matthäus von Collin kennengelernt haben, der im Salon von Caroline Pichler verkehrte und Stoffe aus der Geschichte Österreichs in seinen Dramen bearbeitete. Der Kontakt war zu dieser Zeit rege.„[…] nun kam der Vater öfter zu Colin, der redete ihm immer zu er solle doch sehen nach Rom zu kommen […]“640, schreibt Johanna Lutz, Kupelwiesers spätere Frau in ihren Erinnerungen. In einem Brief von 1823 erwähnt Kupel-wieser mehrer Besuche bei Collin während seiner Reise nach Baden641, 1821 malte er auch ein Porträt Collins in Öl.642 Etwa zur selben Zeit dürfte ein Kontakt zu Joseph Daniel Böhm entstanden sein, dessen Porträt Kupelwieser 1821 malte.643 Böhm war ursprünglich Medailleur und Steinschneider, eignete sich aber im Selbststudium außer-gewöhnliche Kunst- und Geschichtskenntnisse an und sammelte einen Kreis junger kunstbegeisterter Leute, dar-unter auch Rudolf Eitelberger, um sich, die er systema-tisch in die Kunstgeschichte einführte. Seine umfassende Kunstsammlung sollte später zum Zentrum der Wiener Altertumsfreunde werden. Böhm war auch unter den Künstlern, die Erzherzog Johann um sich versammelte und mit der Ausschmückung des Brandhofes beauftragte. Zu diesem Kreis hatte auch Leopold Kupelwieser, der unter anderem dem Kammermaler Ludwig Schnorr von Carolsfeld freundschaftlich verbunden war, gute Kon-takte. Kupelwieser malte insgesamt sieben Porträts des Erzherzogs, darunter das Bild Erzherzog Johann in Landes­ tracht für den Brandhof (1828) und ein lebensgroßes Porträt, das den Erzherzog in vollem Harnisch zeigt, für die Franzensburg (1831). Ob es über die Beziehung von Künstler und Auftraggeber hinaus Kontakte zwischen Erzherzog Johann und Kupelwieser gab, ist nicht bezeugt. „Mit den Linzer Ständen unterhandle ich wegen einer Fresko­ arbeit, ich hätte zwei Sommer in Linz zu leben, wo ich doch gar leicht nach Wien könnte. Möge es zustande kommen!“636 Das Projekt wurde durch die Ereignisse der Revolution 1848 verhindert: „Zum erstenmal bin ich recht traurig, dass der saubere Völ­ kerfrühling die Linzer Arbeit verschlungen hat“, schreibt Schwind am 18. Juni 1848 an Eduard von Steinle.637 Für das geplante Hauptgemälde, die Belehnung Jasomirgotts durch Friedrich Barbarossa (1156) mit der Ostmark, exis-tieren Skizzenblätter, die sich heute in der Sammlung der Linzer Landesgalerie befinden. Eine Lithographie der Komposition wurde 1851 vom neu gegründeten Ober-österreichischen Kunstverein als erstes Prämienblatt her-ausgegeben.638Der offizielle Auftrag für die Ausführung eines Fresken-zyklus im Gebäude der Niederösterreichischen Statthalte-rei, einer Mittelinstanz zwischen den Hofbehörden und den landesfürstlichen Dienststellen, wurde am 12. März 1848 vom damaligen Präsidenten der allgemeinen Hof-kammer, Freiherr Kübeck von Kübau erteilt. Zu dieser Zeit waren in Deutschland die meisten großen historischen Wandmalereien bereits ausgeführt – die Kaisersäle und der Nibelungenzyklus in der Münchner Residenz, die Glyptothek, die Arkadenbilder im Hofgarten und die Fres-ken für die Kunsthalle in Karlsruhe, um nur die wichtigsten zu nennen. Vor allem die Schwierigkeit, nationale Inhalte in der Geschichtsmalerei vermeiden zu müssen, und das Fehlen einer integrativen historischen Gründer- oder Hel-denfigur verzögerten die Entwicklung der Geschichts-malerei im österreichischen Kaiserstaat und erschwerten einen derartigen Auftrag von offizieller staatlicher Seite. Unter Berücksichtigung der durch die politische Situation vorgegebenen Einschränkungen sollte der Freskenzyklus im Statthaltereigebäude auf die Geschichte des Kernlandes Niederösterreich in Verbindung mit dem Gesamtstaat beschränkt werden und folgt damit dem Kon-zept der beiden Gemälde, die Johann Peter Krafft 1825 für das ungarische Nationalmuseum geschaffen hatte. Die Entwicklung des Bildprogramms wurde Kupelwieser selbst überlassen, der dafür geschichtliche Ereignisse von der Zeit Marc Aurels bis in die unmittelbare Vergangenheit in einem komplizierten, von Symmetrien, Verweisen und Allegorien bestimmten System anordnete. Seine Themen-wahl war in manchen Fällen ungewöhnlich und entsprach nicht dem Kanon der österreichischen vaterländischen Malerei, so dass er dabei auf keine ikonographischen Tra-ditionen zurückgreifen konnte. Die geschichtlichen Ereignisse, Herrscherporträts und Allegorien, die Leopold Kupelwieser zur Darstellung bestimmte und in eine bezugsreiche Anordnung brachte, 636 Brief Moritz von Schwinds an Eduard von Bauernfeld, Frankfurt, 25. Februar 1847. Zit. nach: Stoessl (1924) p. 211.637 Zit. nach: Stoessl (1924) p. 267.638 Oberösterreichische Heimatblätter, Heft 3/4, 35. Jg., 1985, p. 254.639 Kupelwieser (1902) p. 16.640 Biographische Aufzeichnungen Johanna Kupelwiesers über ihren Gatten (Fragment), in: Feuchtmüller (1970) p. 210.641 Feuchtmüller (1970) p. 17.642 WV Nr. 149, Wien Museum Inv. Nr. 9700, vgl.: Feuchtmüller (1970) p. 237. Das Porträt wurde von Joseph Kovatsch gestochen und in der St. Anna Kunstausstellung 1828 gezeigt. Vgl.: Feucht-müller (1970) p. 295.643 Joseph Daniel Böhm, Porträt, Ölbild, WV Nr. 130, vgl.: Feuchtmüller (1970) p. 233.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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