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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 122 -
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| Sarajevoer Attentat und Graz122 Zur Trauerstimmung Im Grunde genommen wusste keiner so recht, was nun in Sarajevo oder in Al- banien passiert sein soll. Das Tagblatt erhielt jedenfalls einem seiner Artikel zu- folge „ununterbrochene telephonische Anfragen“268 von Leuten, die sich von die- sem Anruf eine Klärung der nebulösen Nachrichtenlage erhofften. Ebenso bildete sich vor der Redaktion des Tagblatts in der Radetzkystraße „eine beträchtliche Menschenmenge“.269 Ähnliche Szenen spielten sich vor den anderen großen Zei- tungsredaktionen ab, zumal sie alle am telegrafischen Kabel hingen und man ihnen daher einen Wissensvorsprung addizierte.270 Als dann die Nachricht vom tatsäch- lichen Ableben des Thronfolgerpaares nach Graz gelangte, verbreitete sie sich in Windeseile. Viele Menschen zeigten sich einigen Artikeln zufolge empört und po- litisch erschüttert über das Attentat, aber eine wirkliche, geschweige denn anhal- tende Trauerstimmung machte sich offenbar nirgendwo großflächig breit. Hierfür sprechen mehrere Indizien, die nahelegen, dass die ersten Stimmungslagen mehr einer politischen „Schrecksekunde“ als einer tiefgreifenden Trauer glichen. Bevor ich mich diesen Hinweisen zuwende, sei noch auf die verbliebenen Stunden des 28.  Juni eingegangen. Im Grunde genommen schweigen die Zeitungen darüber, was in den Abendstunden in Graz geschah. Während die Redaktionen die Zeit bis zur Nachricht vom Ableben des Thronfolgers mit mehreren Zeilen zu beschreiben und kommentieren versuchten, äußerten sie sich über das Straßengeschehen nach der einschneidenden Nachricht zurückhaltend. Eine maßgebliche Ausnahme stellte lediglich der Vorfall vor der Lungenheil- stätte Hörgas bei Graz dar, über den einige Zeitungen (zeitversetzt) berichteten. Am 28.  Juni 1914 zog gegen Mitternacht eine Gruppe von rund zwanzig Personen zur Lungenheilstätte Hörgas, „um dort gegen die in der Heilstätte befindlichen ser- bischen Patienten (!!) und den serbischen Anstaltsarzt zu demonstrieren.“271 Dem Tagblatt zufolge handelte es sich hierbei um „eine Gruppe von jüngeren Leuten“.272 Diese stießen im Park der Heilstätte „ohrenbetäubendes Geschrei und schrille Pfiffe“273 aus und forderten (erfolglos) die Auslieferung der Serben.274 Nachdem 268 Ebd. 269 Ebd. 270 Keine vier Wochen später sollte sich dieses Warten vor den Redaktionen wiederholen. 271 Gratwein. (Eine dumme Brutalität.), in: Arbeiterwille, 3.7.1914, 10. Vgl. auch: Moll (2007a), 174  f. 272 Richtigstellung, in: Grazer Tagblatt, 30.6.1914, 5. 273 Gratwein. (Eine dumme Brutalität.), in: Arbeiterwille, 3.7.1914, 10. 274 Ebd.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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