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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 151 -
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Offengelegte Zeitungspolitik | 151 von „Hunderten“.72 Beispielsweise schätzte er den (ersten) „patriotischen“ Straßen- umzug vom 25.  Juli auf „etwa fünfhundert Personen, meist Neugierige[r]“.73 Die Redaktion unterstellte aus meiner Sicht bewusst, dass die Mehrheit derjenigen, die zum Korpskommando zogen, primär neugierig gewesen sei. Sie, die sich vehement gegen einen „Serbienkrieg“ stemmte, versuchte aus meiner Sicht diese Menschen- menge sowohl was ihre Größe als auch ihre Intention betraf kleinzureden. Die bür- gerlichen Zeitungsredaktionen hingegen bauschten die „Straßenumzüge“ sichtlich auf. Diese spezielle Form der Berichterstattung veränderte sich mit Voranschrei- ten der Tage kaum. Es blieb aus meiner Sicht bei der bürgerlichen Übertreibung und der sozialdemokratischen Untertreibung. Welcher Zweckbehauptung man hier nun trauen kann, bleibt ungewiss. Beide Unterstellungen vermitteln aber sehr deutlich die politische Stoßrichtung der jeweiligen Redaktionen. Offengelegte Zeitungspolitik Einer der Gründe, warum die Zeitungen verzerrende bzw. politisch motivierte Übertreibungen und Untertreibungen in Umlauf brachten, lag darin, dass die Re- daktionen – wie sie selbst zugaben – mit ihren Artikeln auf die eine oder andere Weise Politik/Stimmungsmache betrieben. Sie waren schlichtweg Parteizeitungen. Dass man im Krieg seine jeweiligen politischen Ansichten beibehalten werde, be- tonte nicht nur jede Redaktion mehrmals, sondern sie baute derartige Absichts- erklärungen auch überall dort ein, wo es ihr passend schien. Im Endeffekt finden sich diese Willensäußerungen in den Leitartikeln, in den Lokalnachrichten, aber auch in den Rezensionen sowie in anderen Berichtssparten. So gab das klerikal- konservative Volksblatt mehrmals offen zu, dass es seine Berichte gemäß katholi- schen Vorstellungen abwickelte. Konkret bedeutete dies, dass das Volksblatt in der Bevölkerung „recht viel Freunde für unser Vaterland zu gewinnen“74 versuchte. Ein anderes Mal schrieb das Volksblatt: „Begeistert für die Ehre und Größe unseres Va- terlandes, hat [...  Eugen Kraft, ein Mitarbeiter des Volksblatts,] in glühenden Leit- artikeln Sühne gefordert für das furchtbare Verbrechen in Sarajevo.“75 Diese von 72 Die Größe jener Menschenmenge, die Anfang Juli zum Grazer Hauptbahnhof zog, um dort den Hoftrauerzug zu sehen, schätzte der Arbeiterwille hingegen auf Tausend, siehe das Kapitel: Zur Trauerstimmung. 73 In Erwartung der Entscheidung, in: Arbeiterwille, 26.7.1914, 5. 74 Dem „Grazer Tagblatt“, in: Grazer Volksblatt, 8.8.1914 (12-Uhr-Ausgabe), 3. 75 In die Front!, in: Grazer Volksblatt, 1.8.1914, 5. Mit diesem Glückwunschartikel verabschiedete sich das Volksblatt von Eugen Kraft. Er ging an die Front.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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