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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 444 -
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| Schlussbetrachtung444 Vogelperspektive erkennt man zwar schnell die Richtungen der einzelnen Fron- ten (eine bildete sich gegen Russland, eine andere gegen die „Milchpantscher“) – aber „unten“ auf der Straße gestalteten sich die Früherkennung und die Feind- aufklärung weitaus schwieriger. Das Lewin’sche „Vorn“ war nämlich „in der Stadt- landschaft eine diffuse Richtung“.69 Und diese Unschärfe musste behoben werden. Schließlich galt es im Zuge der jeweiligen Einheitsbildung, „keine Verwischungen zwischen dem ‚eigenen‘ und ‚fremden‘ Raum durch die Anwesenheit des Fremden im Eigenen zuzulassen.“70 Im Hinterland erwies sich jedoch das (konventionelle) Evaluieren der Umstände und Beziehungen als schwieriger – der Frontverlauf war „in der Stadt unscharf.“71 Von den Beispielen, die ich in der Arbeit genannt habe, möchte ich nochmals auf den Brief eines Grazer Polen an das Tagblatt zurückkom- men.72 Dem Brief zufolge sollte man „nicht gleich jede Slawisch sprechende Person als Serben oder gar als Russen“ verdächtigen, „insbesondere nicht Polen, die mit ihren slawischen Stämmen absolut nichts gemeinsam haben, auch, weil sie aufrich- tige österreichische Patrioten sind.“73 Wenn man so etwas liest und daran denkt, dass nicht wenige „Slawen“ grundlos auf der Straße angegriffen wurden, dann fällt es schwer, an die Bildung einer allumfassenden „Kriegsgemeinschaft“ zu glauben. Entscheidungshilfen An der „Heimatfront“ gab es unterschiedliche Entscheidungshilfen, um ermitteln zu können, wer bei der „Einheit“ mitmachte und wer nicht, wer dazu gehörte und wer nicht. Diese Schließungs- und Abgrenzungsbemühungen nahmen verschiedenar- tige Gestalt an und waren durch die Auswirkungen des Kriegs nicht überall im glei- chen Ausmaß vorhanden bzw. verfügbar. Als zentrale Entscheidungshilfen galten die Vorgaben der einzelnen Normgeber und Normgeberinnen, von denen in dieser Arbeit hauptsächlich die Zeitungen genauer unter die Lupe genommen wurden. Die jeweiligen Entscheidungshilfen führten zu unterschiedlichen Entschei- dungsgeschwindigkeiten. Das Zusammenschlagen einer Person bzw. die „Lynch- aktionen“ konnten einem (situativen) Affekt oder einem Frustabbau74 entspringen. 69 Hüppauf (1995), 325. 70 Hüppauf (1991), 110. 71 Hüppauf (1995), 325. 72 Siehe das Kapitel: Demonstrationen vor Geschäften. 73 Aus Grazer Polenkreisen, in: Grazer Tagblatt, 15.9.1914, 3. 74 Zu nennen sind hier: Die meist vergebliche Suche nach tatsächlich Schuldigen. Das Ausbleiben von individuellen und/oder staatlichen Erfolgen.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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