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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 333 -
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Ausschreitungen | 333 Ausschreitungen Seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Serbien (25.  Juli) wurden in Graz mehrere Personen zusammengeschlagen oder niedergestochen.441 An den kleineren und größeren Auseinandersetzungen bzw. Ausschreitungen zeigt sich deutlich, wie fragil die sozialen Konstellationen innerhalb der Grazer Bevölkerung waren. Überdies verdeutlichen die täglichen Schlägereien, Stichwaffenattacken und „Lynchaktionen“442, dass der in den Leitartikeln vielbeschworene Burgfrieden bereits von Beginn an voll von Brüchen und Widersprüchen war. In den ersten Kriegsmonaten war es enorm wichtig, wie man in der Öffentlichkeit über den Mit- menschen, den Krieg, den Staat, die Regierung, den Kaiser oder die Einheitsbil- dung redete. Dabei war es allem Anschein nach völlig egal, ob man sich gerade in der Straßenbahn, im Stadtpark, auf dem Lendplatz, auf den Märkten oder in den Geschäften aufhielt. Überall konnten richtig oder falsch verstandene Aussagen zum Problem für die eigene Sicherheit werden. In Graz wurde somit seit Ende Juli das Einschreiten der Grazer Wache und der Soldaten zur Regelmäßigkeit: „In der Nacht auf Sonntag [den 26.  Juli], in der wohl halb Graz in Gast- und Kaffeehäusern oder auch – trotz des strömenden Regens – auf der Straße die neuesten Nachrichten erwar- tete, gab es wiederholt heftige Kundgebungen gegen die Serben. Wenn der eine oder der andere irgendwo einen Serben entdeckte oder zu entdecken glaubte, kam die allgemeine Empörung zu elementarem Ausbruche. Mehrmals mußte bei solchen Anlässen die Wache eingreifen und den als Serben Erkannten oder Verdächtigten in Sicherheit bringen.“443 Abseits der Wache und des Militärs beendeten zeitweise umstehende Personen die Schlägereien und (größeren) Ausschreitungen. Nicht selten erwies sich das Auflö- sen und Beenden dieser Gewaltaktionen als enorm schwierig und gefährlich, zu- 441 Zu den Ausschreitungen in Linz vgl. Hauch (2013), 121  f. Für Deutschland: Verhey (2000), 82– 103; Kruse (1993), 40. 442 Negativ besetzte Begriffe wie „Mob“, „Pöbel“, „Pack“, „Volkshaufen“, „Gesindel“ oder „Meute“ wurden hier nicht zur Situationsbeschreibung herangezogen. Begriffe wie „Krawalle“ oder „Auf- ruhr“ schienen mir ebenso wenig hilfreich, zumal sich die spontan gewalttätig werdenden Grup- pen nicht „gegen“ die „öffentliche Ordnung“ stellten. Eher das Gegenteil war der Fall. Vielmehr scheint es so, als hätten sie sich (aus ihrer Sicht) mit ihren gewalttätigen „Zurechtweisungen“ für die Aufrechterhaltung von „Ruhe und Ordnung“ eingesetzt. Des Weiteren irritiert der zeitgenös- sische Begriff „Lynchjustiz“ ein wenig, da er aus heutiger Sicht eine weitere Assoziation weckt bzw. die Hinrichtung eines Menschen impliziert. In Graz kam letztendlich kein Mensch durch eine Ausschreitung (zeitgenössisch: „Lynchjustiz“ bzw. „Lynchaktion“) zu Tode. 443 Serbenfeindliche Demonstrationen, in: Grazer Tagblatt, 27.7.1914, 4.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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