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2. Quellenmaterial, Forschungsziel und
Auswertung
2.1. Zur Entstehung des Quellenmaterials
Die Ausgangsbasis für die umfassenden Erhebungen, die im Vorfeld dieses For-
schungsprojektes getätigt wurden, stellte gewissermaßen das Projekt „Montafo-
ner Geschichte“ dar. Im Jahr 2002 ins Leben gerufen, wurden in den folgenden
sieben Jahren1 194 Interviews mit 175 Menschen durchgeführt, die entweder auf
ein besonders langes oder ein besonders bewegtes Leben zurückblicken konnten,
oder darüber hinaus über heute bereits selten gewordenes (beispielsweise hand-
werkliches) Fachwissen verfügten. 67 Interviews wurden als rein biografische
Interviews geführt, die das Leben der Befragten, sowie wichtige Ereignisse rund
um die Lebensgeschichte der Befragten thematisieren. Sie stellen die Basis für die
nachfolgenden Analysen dar.
Die Gesprächsaufnahmen sind inklusive weiterer Informationen zu den Gewährs-
leuten als „ZeitzeugInnenarchiv Montafon“ in einer Datenbank im Archiv des
Heimatmuseums Schruns organisiert und nur für bestimmte Forschungszwecke
zugänglich.
Mit dem „ZeitzeugInnenarchiv Montafon“ wurde ein umfassendes Archiv
geschaffen, das autobiografische Erzählungen von Menschen aus dem ländlichen
Raum zum Hauptinhalt hat und auch für wissenschaftliche Zwecke großes Poten-
zial aufweist. Die Interviewsammlung ermöglicht durch umfangreiches Quel-
lenmaterial eine Annäherung an eine Gesellschaft des ländlichen Raumes im 20.
Jahrhundert am Beispiel des Montafons, die durch die Interviews in einem breiten
Querschnitt repräsentiert ist.
Das Team der InterviewerInnen im Rahmen des Projektes „Montafoner Geschichte“
umfasste fünf Personen2, die, einschlägig ausgebildet und teils mit Regionalkennt-
nissen ausgestattet, die Gewährsleute meist telefonisch kontaktierten und um ein
Gespräch baten. Von interessierten Bürgermeistern, MuseumsmitarbeiterInnen
oder Mitgliedern des Heimatschutzvereines wurden am Anfang des Projektes
Empfehlungen in Bezug auf potenzielle Gewährsleute abgegeben – also auf Per-
sonen hingewiesen, die besonders alt seien oder besonders gut erzählen könnten.
Durch das in der Sozialforschung bekannte und bewährte „Schneeballverfahren“,
1 Die Interviewtätigkeiten sind noch nicht abgeschlossen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit
wurde allerdings mit jenem Datenmaterial gearbeitet, das bis zum Stichtag des 31.12.2009 erhoben
wurde.
2 In alphabetischer Reihenfolge genannt: Edith Hessenberger, Lisa Hessenberger, Renate Huber,
Michael Kasper und Andreas Rudigier.
Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Title
- Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
- Subtitle
- Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 15.8 x 23.4 cm
- Pages
- 464
- Keywords
- Oral history, biographical narratives, narrative traditions, lebensgeschichtliches Erzählen, Erzähltraditionen
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- Vorwort 11
- Einführung 13
- 1. Kritik des lebensgeschichtlichen Erzählens 17
- 2. Quellenmaterial, Forschungsziel und Auswertung 47
- 3. Erinnerungspraxis und Traditionen lebensgeschichtlichen Erzählens 63
- 3.1. Einstiege in die lebensgeschichtlichen Erzählungen 63
- 3.2. Leitlinien des lebensgeschichtlichen Erzählens 67
- 3.3. Topoi in lebensgeschichtlichen Erzählungen 71
- 3.4. Lebensgeschichtliche Erzählstoffe und Mustererzählungen 73
- 3.4.1. Sagenhaftes von den AhnInnen 74
- 3.4.2. AhnInnen als GastarbeiterInnen 78
- 3.4.3. Traditionelle Landwirtschaft 84
- 3.4.4. Zuerwerb zur Landwirtschaft 98
- 3.4.5. Niedergang der traditionellen Berglandwirtschaft 104
- 3.4.6. Modernisierung 112
- 3.4.7. Alltag im traditionellen Gefüge 127
- 3.4.8. Bräuche und Gewohnheiten 136
- 3.4.9. Armut und einfache Verhältnisse 152
- 3.4.10. „Harte, arbeitsame Kindheit“ 162
- 3.4.11. Idyllisierung der einfachen Verhältnisse 173
- 3.4.12. Lausbuben- und Schulgeschichten 175
- 3.4.13. Autoritäten 183
- 3.4.14. Die 1930er Jahre und die „Tausend-Mark-Sperre“ 190
- 3.4.15. Der „Anschluss“ und seine Bedeutung für die MontafonerInnen 195
- 3.4.16. NS-Propaganda in der Schule 210
- 3.4.17. In der Hitlerjugend 213
- 3.4.18. Im (Un-)Wissen um die NS-Verbrechen 221
- 3.4.19. Repressives NS-System 230
- 3.4.20. Auflehnung und Widerstand 235
- 3.4.21. Schwarzhandel, Schwarzschlachten, Schwarzhören 237
- 3.4.22. Kriegsbeginn und die „verlorenen Jahre“ 243
- 3.4.23. Von den Schrecken des Krieges 252
- 3.4.24. Gefangenschaft 263
- 3.4.25. Heimkehr 268
- 3.4.26. Krieg in Vorarlberg 273
- 3.4.27. Flüchtlingsgeschichten 278
- 3.4.28. Von Kriegsgefangenen und ZwangsarbeiterInnen 287
- 3.4.29. Von Deserteueren und „Waldhockern“ 294
- 3.4.30. Die drohende Staumauersprengung im Vermunt 297
- 3.4.31. Kriegsende 301
- 3.4.32. „Heimatverteidiger“ und Widerstandsbewegung bei Kriegsende 304
- 3.4.33. Die französische „Besatzung“ und die „Marokkaner“ 309
- 3.4.34. Entnazifizierung 324
- 3.4.35. Armut und einfache Verhältnisse in der Nachkriegszeit 329
- 3.4.36. Schmuggeln und Schmugglergeschichten 333
- 3.4.37. Wildern und Wilderergeschichten 337
- 3.4.38. Beruflicher Werdegang und Ausbildung 340
- 3.4.39. Wirtschaftlicher Aufschwung in der Nachkriegszeit 349
- 3.4.40. Neu-Anfang mit dem Tourismus 353
- 3.4.41. Urlaube mit der Familie 366
- 3.4.42. Liebe und Ehe 370
- 3.4.43. Geburt der Kinder 381
- 3.4.44. Unfälle und Krankheiten 385
- 3.4.45. Umgang mit dem Altern 393
- 3.4.46. Umgang mit Tod und Verlust 395
- 3.4.47. Naturkatastrophen 400
- 3.4.48. Mystisches und rätselhafte Begebenheiten 406
- 3.4.49. Kultur- und Jugendpessimismus 411
- 3.4.50. Geschlechterrollen und -bilder 414
- 4. Zusammenfassung und Synthese 421
- 5. Verzeichnisse und Nachweise 439