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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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THEORIE UND METHODE 37 In einer zentralen Besonderheit unterscheiden sich aber ästhetische von ande- ren, positiv gedeuteten und um ihrer selbst willen gesuchten emotionalen Erfah- rungen. Im Anschluss an eine oben bereits zitierte, grundlegende Eingrenzung konkretisiert Maase: „Wegen der positiven Gefühle gesucht und genossen wird eine Vorstellung, eine mentale Repräsentation oder – denken wir an Literatur – eine Imagination.“113 Damit fallen beispielsweise die Freude am Besitz materieller Artefakte, die Freude daran, Erfolg zu haben oder daran, bewundert zu werden, für Maase nicht in den Bereich ästhetischer Erfahrungen, „weil sie sich nicht auf die sinnlich gegründete und mit Bedeutungen verknüpfte Vorstellung eines Schönen beziehen.“114 Der Begriff des Schönen ist hier äußerst weit gefasst. So kann beispielsweise auch „das Erschrecken über Zidanes Kontrollverlust“ bei der Fußball-WM 2006 zu einer ästhetischen Erfahrung werden, „wenn man das Ge- schehen als verdichtete Repräsentation von Konflikten der Gegenwart interpre- tiert, so wie eine gut komponierte Geschichte“.115 Doch ohne diese Interpretation, die sich die Vorstellung eines Schönen um ihrer selbst willen bildet, auch keine ästhetische Erfahrung. Durch diese Eingrenzung gewinnt die Untersuchung ästhetischer Erfahrun- gen ein verdichtetes Verständnis für die Bildung und den Genuss von Vorstellun- gen des Schönen im Alltag sowie die um sie zirkulierenden Praktiken. Setzt man sich aber zum Ziel, ein Vergnügen in seinem ganzen Facettenreichtum zu ethno- grafieren, reicht der Blick auf die ästhetischen Erfahrungen allein nicht aus. Ich behandele deshalb in dieser Studie (auch wenn eine Spezifikation des Verhältnis- ses dieser beiden Erfahrungskategorien noch aussteht) ästhetische Erfahrungen als eine spezifische Art emotionaler Erfahrungen im Prozess eines Vergnügens. Die Bezugnahme auf das Konzept Erfahrung legt zugleich einen Rückgriff auf Argumente der Anthropology of Experience nahe, die spätestens durch den 1986 von Victor W. Turner und Edward M. Bruner herausgegebenen gleichnami- gen Sammelband begründet wurde.116 Der Band greift die Ansätze des philosophi- schen Pragmatismus John Deweys und Wilhelm Diltheys auf und fügt sie in eine der interpretativen Ethnologie verbundene Forschungsperspektive ein: umfassenden somatischen und psychischen Wohlbehagens. Solches Ambiente (analy- tisch formuliert: der Kontext) ist untrennbarer Teil der Erfahrung, nicht nur Mittel, sondern Gegenstand komplexen ästhetischen Vergnügens.“ Maase: Die Erforschung des Schönen im Alltag, S. 50. 113 | Ebd., S. 44. 114 | Ebd., S. 44-45. 115 | Maase: Bewegte Körper, S. 39. 116 | Victor W. Turner/Edward M. Bruner (Hg.): The Anthropology of Experience. With an Epilogue by Clifford Geertz. Urbana/Chicago 1986; für einen Überblick über den Umgang mit dem Konzept „experience“ in der Anthropologie der 1980er- und 1990er-Jahre vgl. C. Jason Throop: Articulating Experience. In: Anthropological Theory 3 (2003), H. 2, S. 219-241, hier insb.: S. 220-226.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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