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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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DRAMATISCH UND DEVIANT 295 ihn halt so verfaultes Obst essen lassen und mit Alkohol abgefüllt und nach zwei Minuten lag er da tot auf dem Boden (lacht). Der Typ hat sich aber auch echt nicht gewehrt, ey [also im Sprachkanal nicht widersprochen oder versucht freizukommen, C.B.]!“ (IV8) Sein Mitspieler Milo ergänzt : „Da hab ich mir erstmal voll an den Kopf gepackt: ‚Alter, Kerby! Wir haben den gerade umgebracht (lacht)!‘ Und noch zwei Tage danach hab ich mir noch echt Vorwürfe ge- macht, weil der Kerl da eigentlich, der wollte überhaupt nichts Böses, der wollte nur da lang gehen, und wir haben ihn dann aufgehalten und gefesselt, und er kam da nicht raus, und hatte wahrscheinlich auch so ein bisschen Panik. Kerby stand da halt und hat ihn ein bisschen gefüttert, da gab es ein bisschen Obst und Alkoholtinkturen, (alle lachen) das war halt alles nicht so gesund. [...] (Lachend) Oh das war schon echt eine miese Situa- tion, ja. Ich glaube, das war auch so das Hinterhältigste ... ich werd auch versprechen, dass ich das nie wieder mache! Das war halt echt nur Neugier.“ (IV8) Die wiederholte Erklärung, der Grund für solche Aktionen sei die Neugier, mag einerseits ein Versuch der positiven Deutung eines devianten Verhaltens und Fühlens sein. Doch sie zeigt auch: Solche Überschreitungen können interessant sein, insofern sie ein ungewohntes Fühlen erlauben. Voraussetzung dafür ist al- lerdings, dass die jeweiligen Prozesse nicht gänzlich für voll genommen, sondern als spielerisch verstanden werden. Das wird auch deutlich, als ich einen Moment später nach dem erwähnten schlechten Gewissen frage. Kerby antwortet: „Jaaa, ich hab schon irgendwo ein schlechtes Gewissen bei dem Typen, den wir jetzt geforcefeeded [zwangsernährt, C.B.] haben, bis er umgefallen ist. Also ich bin jetzt nicht davon ausgegangen, dass er nach zwei verfaulten Äpfeln und ein bisschen Alkohol stirbt. Natürlich hab ich da irgendwo ein schlechtes Gewissen, sag ich mal. Aber irgendwo war es halt auch lustig! Also es ist natürlich ein Spiel, deswegen ist das lustig.“ (IV8) Den Beschreibungen und Deutungen von Milo und Kerby haftet der Eindruck an, dass sie ihren Gegner nicht ernsthaft quälen, sondern auf spielerische Weise ärgern möchten. Zugleich bringen sie aber zur Sprache, dass sie das eigene Han- deln in Momenten des Sich-Einlassens auf die Bedeutungen der hier vorkommen- den Repräsentationen physischer Gewalt (die auf Praktiken wie Foltern, Quälen und Töten verweisen) als Überschreitung empfinden. Dass Kerby einräumt, er habe „natürlich [...] ein schlechtes Gewissen“, doch zugleich sei das „lustig“ (s.o.), verweist auf die auch hier entstehende Erfahrung einer letztlich als humorvoll ge- deuteten Inkongruenz. Diese auf ganz ähnliche Weise wie in Singleplayer-Games als lustig gedeutete Überschreitung von feeling rules macht die Spezifik der Prak- tiken des Trollens oder Ärgerns in Multiplayer-Games aus.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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