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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL270 sich selbst und der eigenen Spielergruppe zu vergegenwärtigen und dadurch die Feindschaft zu den Gegnern diskursiv zu unterstreichen. Dieser Prozess der Konstruktion von Feindschaft hat eine eigene Qualität, ist auf eigene Weise lustvoll und emotionsgeladen. Denn Feindschaft ist als solche eine extreme emotionale Haltung, und genau diese Intensität wird von manchen Spielern aktiv gesucht beziehungsweise konstruiert. Mit anderen Worten: Die Widerfahrnis von Ungerechtigkeit durch virtuelle Gewalt liefert die Vorlage, um eine dramatische Art des Fühlens zu erleben, der ein Eigenwert als herausragen- de und positiv gedeutete emotionale Erfahrung zugemessen wird. Deutlich wird das auch in einer LP-Folge zum Multiplayer-Game GTA Online von Gronkh. Der Let’s Player bewegt sich hier gemeinsam mit Sarazar und auch anderen Freunden durch die Umgebung des virtuellen Los Santos. Sie stehlen Au- tos, erledigen Aufträge, blödeln lachend herum, liefern sich Verfolgungsjagden mit der Polizei und Gefechte mit anderen Spielern, die sich ebenfalls auf diesem Server aufhalten. Gronkh wurde bereits einige Male von einem Spieler namens Ameisen gekillt und beginnt, sich zunehmend über dessen Überlegenheit zu är- gern. Er interpretiert die Situation als ungerecht, da Ameisen, der offensichtlich ein sehr guter Spieler ist, immer wieder gezielt auf Gronkh und seine Crew los- geht und ihnen das Leben schwer macht. Als sich Ameisen ein weiteres Mal nähert (ab hier empfohlenes Beispiel),45 warnt Gronkhs Kumpel ihn im Sprachkanal: „Achtung Erik [bürgerlicher Name von Gronkh, C.B.], Ameise von hinten, Achtung!“ Gronkh dreht sich um und macht sich bereit, aber trotzdem wird er von Ameisen gekillt. „Alter, das gibt’s doch gar nicht!“, empört sich Gronkh. „Der Wichser! Ey, das kann doch nicht sein. Ey der Typ, der kotzt mich so an.“ Einer seiner Freunde lacht leise. Gronkh wird ungewohnt ernst und klingt aggressiv, als er fortfährt: „Dieser verfickte Waldförs- ter-Ficker, ey!“ In diesem Moment brechen seine drei Freunde im Sprachkanal in Gelächter aus. Gronkh lacht auch kurz, fährt dann aber in ernstem Tonfall fort: „Boah ey, dieser Ameisenhurensohn.“ Dann muss er wieder lachen und ergänzt: „Ich wollt’s schon immer mal sagen, so jetzt hab ich’s gesagt.“ Sarazar lacht eben- falls herzlich und meint (obwohl Ameisen sie nicht hören kann): „Ey, der arme Ameisen, Alter ...“, doch Gronkh unterbricht ihn, nun wieder eher ernst: „Ne Al- ter, der ist nicht arm, der ist ein Spastiker, der ist beidseitig gehirngelähmt.“ Je- mand fragt, wo Ameisen jetzt sei. Gronkh gereizt: „Der schleicht sich immer von hinten an, wie so ne kleine Crackhure!“ Sarazar lacht wieder laut und kommen- tiert freudig: „Das ist ein Traum, Alter.“ Auch Gronkh lacht nun wieder herzlich mit: „Eeey, ich mag den nicht.“ Die Auseinandersetzung mit Ameisen zieht sich durch die ganze Folge. Nach- dem er etliche Male getötet wurde, kommentiert Gronkh: „Es ist echt eine Last 45 | Gronkh: GTA ONLINE [HD+] #013 - RRRAGEMODE oder: Vorerst kein Online mehr! * Let’s Play GTA Online (13.10.2013), 9:45-10:45. https://www.youtube.com/embed/ D-4TxpIAFGo?start=585&end=645
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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