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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL304
weise über dieses Spiel zu sagen, dass es ein Krieg ist, den wir lieben und führen,
weil er ein guter ? [sic] nein, ein fantastischer Zeitvertreib ist.“27
So werden nach und nach unterschiedliche Arten von Erfahrungen mit Com-
puterspielgewalt akzeptiert, legitimiert und schließlich als positiv markiert. Die
Möglichkeit einer Ambivalenz dieser Erfahrungen verschwindet aber nicht ganz.
Im Gegenteil wird diese in manchen neueren Spielen umso intensiver erlebt. Da-
von handelt das folgende Kapitel.
6.2 SICH SCHLECHT FÜHLEN
„Wir stehen mit mehreren maskierten und mit schweren Maschinengewehren bewaffneten
Männern in einem Aufzug. Einer der Kerle spricht uns mit osteuropäischem Akzent an:
‚Denkt dran, kein Russisch!‘ Die Türen des Lifts öffnen sich und wir blicken in ein gut
besuchtes Flughafen-Terminal. Noch während wir uns weiter umsehen, bricht Panik aus.
Schüsse fallen. Menschen sinken blutüberströmt zu Boden. Die vermummten Gestalten
marschieren langsam, aber zielstrebig durch die Wartehalle und lassen Blei auf die Un-
schuldigen niederregnen. Niemand überlebt den Kugelhagel.“28
Mit diesen Worten beschreibt ein Spezialbericht der PC Games das in Compu-
terspielkulturen längst berüchtigte „Kein Russisch“-Level aus dem Ego-Shooter
Call of Duty: Modern Warfare 2 von 2009 (die terroristischen Russen wollen sich
hier nicht zu erkennen geben, deshalb dürfen sie „kein Russisch“ sprechen).
Während der Avatar des Spielers, der hier einen Undercover-Agenten spielt, in
der deutschen Version zum teilnahmslosen Zusehen an diesem Massaker ver-
pflichtet ist (sonst scheitert die Mission), darf er sich in der US-Originalversion
selbst daran beteiligen. Folgt man dem Publisher Activision, hatte das Level die
narrative Funktion einer dramatischen Aufladung des Spielgeschehens, wie sie
hier in Kap. 5.1.2 beschrieben wurde: „Die Szene im Flughafen zeigt die Bösar-
tigkeit und Kaltblütigkeit eines abtrünnigen russischen Bösewichts und seiner
Einheit. Durch diese Handlungen der Gegenspieler wird die Dringlichkeit der
Mission des Spielers aufgezeigt, diese zu stoppen“, argumentiert das Unterneh-
men.29 Für viele der TesterInnen bleibt das restliche Spiel zwar grundsätzlich gute
Action, doch zugleich sei mit dem „Kein Russisch“-Level eine Grenze hin zum
27 | Petra Schmitz: Großartig inszenierte, schnörkellose Dauer-Action. Call of Duty 4:
Modern Warfare im Test. In: Gamestar.de (14.11.2007). http://www.gamestar.de/spiele/
call-of-duty-4-modern-warfare/test/call_of_duty_4_modern_warfare,43463,1476253.
html
28 | Felix Schütz/Thorsten Küchler/Jürgen Krauß: Call of Duty: Modern Warfare 2. In: PC-
Games.de (13.11.2009). http://www.pcgames.de/Call-of-Duty-Modern-Warfare-2-PC-21
9515/Specials/Call-of-Duty-Modern-Warfare-2-699403/
29 | Zitiert nach ebd.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364