Seite - 304 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
Bild der Seite - 304 -
Text der Seite - 304 -
GEWALT IM
COMPUTERSPIEL302
les, was sich einem in [den] Weg stellt, über den Haufen knallt.“17 Dass der Shooter
Secret Commando, bei dem man virtuelle Menschen tötet, in der gleichen Ausgabe
am Rande als „[s]pannende Metzelei“ bezeichnet wird, zeigt, wie diese positiven
Deutungen auch in kleinen Details zur Sprache gebracht werden.18 Dabei werden
teils verschiedene auch in der vorliegenden Arbeit diskutierte Erfahrungsfacet-
ten hervorgehoben: „Und wenn man am Schluss des ersten Levels wieder einmal
vom letzten Roboter umgenietet wurde“, kommentiert beispielsweise Heinrich
Lenhardt seine Erfahrungen in Gryzor von 1988, „kann man ganz schöne Ra-
chegefühle bekommen.“19 Auch beispielsweise die Begeisterung für Waffen und
Kampfmaschinen wird nun deutlich positiv konnotiert: „Langeweile am Arbeits-
platz?“, fragen die Tester der Kampfjetsimulation Falcon: „Dann verwandeln Sie
Ihren Büro-PC in der Mittagspause in einen schnittigen und waffenstrotzenden
F-16-Jet!“20
Anfang der 1990er-Jahre setzt sich dieser Diskursstrang fort und bereitet da-
mit auch die äußerst positive Resonanz auf die ersten avatarzentrierten 3D-Ego-
Shooter vor. Meilenstein dieses Genres ist der Shooter Doom von 1993, in dem
man mit verschiedenen Waffen unterschiedliche Monster zerlegen muss. Zwar
finden sich in den verschiedenen Testberichten auch die gewohnt kritischen Ne-
benbemerkungen – die Kettensäge als Waffe sei beispielsweise „geschmacklos“,
oder es wird empfohlen: „Pazifisten sollten um dieses Programm einen großen
Bogen machen“21 – doch in allen Tests wird das Spiel letztlich gut bewertet und
der Spaß an der offensichtlich im Mittelpunkt stehenden Computerspielgewalt
als etwas Positives markiert. Am deutlichsten macht das Michael Hengst in sei-
nem Meinungskasten zum Test:
„Die sonst so friedliche Redakteursschar der POWER PLAY hat sich in eine blutrünstige
Meute verwandelt: Knut ‚Sexmachine‘ Gollert hämmert mit dem Granatwerfer in einen
Pulk Zombies, Volker ‚Chaingun‘ Weitz mäht seine Gegner am liebsten mit der Autokanone
nieder und Michael ‚Brmm... brmm‘ Hengst zerhackt seine Feinde mit der Kettensäge in
handliche Teile. Bewegt sich der Redakteur im Solo-Modus schon in den Niederungen
menschlicher Empfindungen, ist’s mit Moral, Ethik oder dem Gewissen im ‚Deathmatch‘
[Multiplayer-Modus, C.B.] total vorbei. Ohne mit der Wimper zu zucken, ballert man im
17 | Martin Gaksch/Boris Schneider: Roadblaster. In: Power Play (1988), H. 1, S. 109-
110, hier: S. 110. http://www.kultpower.de/archiv/heft_powerplay_1988-01_seite108
18 | Martin Gaksch: Secret Commando. In: Power Play (1988), H. 1, S. 99. http://www.
kultpower.de/archiv/heft_powerplay_1988-01_seite98
19 | Heinrich Lenhardt: Gryzor. In: Power Play (1988), H. 3, S. 34. http://www.kultpower.
de/archiv/heft_powerplay_1988-03_seite34
20 | Boris Schneider/Gregor Neumann: Falcon. In: Power Play (1988), H. 4, S. 64. http://
www.kultpower.de/archiv/heft_powerplay_1988-04_seite64
21 | Rainer Rosshirt: Doom. 3D Action. In: Play Time (1994), H. 3, S. 110-111, hier: S.
111. http://www.kultboy.com/index.php?site=t&id=355
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364