Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Medien
Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
Seite - 301 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 301 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens

Bild der Seite - 301 -

Bild der Seite - 301 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens

Text der Seite - 301 -

AMBIVALENT 299 das nicht nur von den GegnerInnen des Computerspielens, sondern von dessen ersten öffentlichen RepräsentantInnen. Einerseits wollen die TesterInnen nicht unkritisch jegliche Art der Gewalt- repräsentation hinnehmen, doch zugleich sehen sie sich immer wieder mit der Erfahrung konfrontiert, dass eben auch „Ballerspiele“ – so das damals gängige Schlagwort zur negativen Einordnung von Actiongames – sehr viel Spaß machen können. Der gleiche Helge Andersen, der die oben stehenden, vernichtenden Kri- tiken verfasste, beschreibt in einem (auch in Kap. 3.1.1 zitierten) Artikel von 1983 beispielsweise die positiven Erlebnisse beim Spielen von Actiongames. Er beendet seinen Bericht mit der Einsicht: „Ballerspiele sind nur eine Seite der Medaille, ich gebe es zu. Wenn sie gut gemacht sind, dann bringen sie mir riesigen Spaß. Auf- gewühlt und entspannt zugleich erhebe ich mich aus dem Sessel.“9 Genau diese Haltung übernehmen auch andere TesterInnen bald in ihre Berichte. Hartmut Huff beispielsweise kommentiert zur Kriegsfliegersimulation Blue Max: „Ein kriegerisches Spiel für den Computer ist das in der Tat. Und sicher wird es wie stets Kritiker geben, die herbe Bedenken anmelden. Doch Kritik hin oder her: Blue Max faszi- niert unter allen Gesichtspunkten, ob das nun die exzellente Grafik, die ständige Aktion oder die Anforderung an das Konzentrationsvermögen in allen Spielphasen ist.“10 Wie hier wird auch in anderen Berichten immer wieder argumentiert, dass be- stimmte Spiele zwar kriegerische Ballerspiele seien, doch dass ihre Grafik so sehr fasziniert oder der Spielspaß so hoch sei, dass man darüber hinwegsehen müsse. Dabei zeigt sich eine bis in die Mitte der 1990er-Jahre andauernde, grundlegen- de Ambivalenz des Vergnügens an Computerspielgewalt. Es läuft stets Gefahr, bestehende feeling rules zu überschreiten, was damals noch nicht als humorvolle Inkongruenz, sondern negativ gedeutet wird. Zugleich macht Computerspielge- walt den Spielern beziehungsweise TesterInnen einfach so viel Spaß, dass Gründe gefunden werden, um das Vergnügen zu legitimieren. Teilweise wird argumen- tiert, dass die Spiele ja ohnehin nur abstrakte Repräsentationen beinhalten, dann wieder betont, dass jeder vernünftig denkende Mensch zwischen Spiel und Reali- tät unterscheiden könne. In der Mehrzahl der Fälle ist es aber der Spaß als solcher, der zum legitimierenden Argument wird. Ein Spiel muss nur gut genug sein, dann ist auch Computerspielgewalt gerechtfertigt. Auf den Punkt bringen diese Haltung Heinrich Lenhardts einleitende Worte zum Actionspiel Space Invasion von 1986: „Moralisch zweifelhaft, aber durchaus unterhaltsam“.11 Spaß hat, wer die „Moral“ überwindet und auch sonst nicht vor 9 | Andersen: Schnell, schneller, superschnell, S. 19. 10 | Hartmut Huff: Blue Max. In: Telematch (1983), H. 10+11, S. 64. http://www.kultpow er.de/archiv/heft_telematch_1983-06_seite64 11 | Heinrich Lenhardt: Space Invasion. In: Happy Computer Spielesonderheft 2 (1986), S. 19. http://www.kultpower.de/archiv/heft_happycomputer_spielesonderheft-2_seite18
zurück zum  Buch Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens"
Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Gewalt im Computerspiel